Landnahme von kulturfremden Lebewesen und ihre mangelnde Integrationsbereitschaft
4. Januar 2016 | von Hucky Schermann | Kategorie: UmweltDas erste Mal fielen mir die Anfänge der sich ankündigenden Invasion zwischen Vach und Stadeln im Winter 2008 auf: Ein Bauwerk, das offensichtlich ungenehmigt errichtet wurde. Ein Sammelsurium von durcheinander aufgehäuften Hölzern – eine Erinnerung an Slum und Favela. Nicht die geringste Ähnlichkeit mit den momentan bevorzugten Bauhaus-Anmutungen. Und dann noch in der Nähe: Zeugnisse von frevelhaften Eingriffen in den Baumbestand! Später haben sich die Abkömmlinge dieses Clans weiter verbreitet. Spuren der blinden Baumbeschädigungen beim Stadtpark, Ausbreitung der Bautätigkeit Richtung Nürnberg oder auch das Zenn- und Farrnbachtal hoch.
Die neueste Entwicklung konnte ich jetzt erst bei Keidenzell erleben. Hier hat sich eine Künstlerkolonie angesiedelt, die ganz offen und ohne Scham fremdländischen Stilen huldigt: Eine Erinnerung an die Rundhütten Schwarz-Afrikas oder auch nachempfundene Zeichen der Ureinwohner Australiens sind zu entdecken. Die Urheber waren nicht aufzufinden. Wahrscheinlich haben sie sich in ihre Höhlen zurückgezogen aus denen schon ihre unkultivierten Vorfahren stammen...
Man wird jetzt vielleicht schon bemerkt haben, dass ich nicht den Bauboom entlang unserer Flusstäler beschreibe. Die bewusste Heranziehung einer Begrifflichkeit, die sich an Sarazzin anlehnt, sollte durchaus als Versuch von Satire verstanden werden. Das Lebewesen um das es hier geht, leuchtet hier in der Gegend seit den 1970er Jahren als Werbesymbol in Orange von diversen Baumärkten – und das mit Kalkül: Der Biber von OBI symbolisiert beispielsweise entschlossenes Vorgehen. Ein Tier weiß sich zu helfen, es ist geschickt und sympathisch. Es strahlt Dynamik, Flexibilität und Tatkraft aus. (Zitat S. 123 Marke als Kulturgut: Die Bedeutung der Symbolik in der Markenbotschaft für die Konzeption von Markenidentität von Iris Wichmann).
In der freien Natur gab es dieses Wesen in Bayern seit 1887 nicht mehr. 1966 wurden vom Bund Naturschutz an der Donau bei Ingolstadt wieder Biber ausgesetzt. Bis 1980 wurden so ungefähr 120 Biber in Bayern neu angesiedelt (Information hier).
Die Tiere, welche in kleinen Familienverbänden leben, haben sich durch Auswanderung von Jungtieren allein in Bayern auf eine Population von über 12000 vermehrt – mit steigender Tendenz. Es wird aber kein grenzenloses Wachstum geben, da die Tiere an Reviere gebunden sind. Als ich 2008 durch Zufall die erste Biberburg hier an der Regnitz fand, veröffentlichte die Zeitung zwar das Foto, die genaue Lage gaben wir aber nicht bekannt, um einen Biber-Tourismus mit Trampelpfaden durch die Bauernwiesen zu vermeiden.
Heute kann man z.B. im Bereich des Fürther Stadtparks oder am Farrnbach die Tätigkeiten der Biber gut verfolgen. Da die Tiere vegetarische Feinschmecker sind, nagen sie Rinden an und fällen teilweise Bäume, um an junges Astwerk zu kommen. Auch für Dämme und Burgen wird Holz benötigt. Die Stadtbiber scheuen sich manchmal nicht, auch jahrzehntealte Prachtbäume anzugehen. Hier verhalten sie sich im Prinzip eigentlich wie damals die weißen Büffeljäger in der Neuen Welt, heute die Verursacher von Brandrodungen in den Urwäldern oder auch Betriebe des Bergbaus in diversen Ländern.
Um die Schwierigkeiten mit »Problembibern« zu bewältigen, hat man auf Landes- und kommunaler Ebene ein sogenanntes Bibermanagement eingerichtet. Es wird dabei schon angedacht, in bestimmten Gegenden den Biber aus dem Jagdschutz herauszunehmen. Kein Wunder, denn die Kosten für Schadensregulierungen steigen ständig.
Die grundsätzliche Frage ist natürlich: Soll man in einem durchgeplanten Land verlorene Natur zurückholen? Und immer wieder werden wir auch auf Konfliktbereiche zwischen Ökonomie und Ökologie treffen. Auf alle Fälle zeigt der Biber, wie stark unsere Talräume durch Drainagen, Begradigungen von Wasserläufen, intensive Landwirtschaft, Baumaßnahmen für Gewerbe und Verkehr, Beseitigung von Auenwäldern und Einengung von Überflutungsflächen signifikant verändert worden sind.
Danke für den interessanten Artikel!
Ich denke, wenn wir es uns leisten können, immer größere Flächen mit Gewerbegebieten, Umgehungsstraßen und Solarparks zuzubauen sowie landwirtschaftliche Nutzflächen nicht zum Anbau von Lebens- und Futtermitteln, sondern zur Biogaserzeugung zu nutzen, können wir auch dem Biber ein paar Flächen als Lebensraum zugestehen.
Andererseits sollte man auch ideologiefrei an das Thema Bejagung herangehen und diese punktuell dort erlauben, wo es angesichts der Population als angemessen oder gar notwendig bewertet wird, so wie es auch für andere Wildtiere gilt.
Und zur Fastenzeit mal eines der alten Biberrezepte auszuprobieren wäre doch auch mal ganz interessant.
Vielen Dank für den Artikel und vor allem für den Link zur überaus interessanten Datei zum »Bibermanagement«!