Vor den Kulissen – Kunst im Stadttheater
18. März 2014 | von Lydia Schuster | Kategorie: KulturDie interessantesten Geschichten spielen sich normalerweise hinter der Bühne ab. Im Fürther Stadttheater hingegen sammeln Sie die spannendsten Eindrücke schon vor Betreten des Bühnenraums, bereits im Foyer. Ab 23. März stellen zwei große Nürnberger Künstler ihre besten Bilder in den langen Gängen des wunderschönen Fürther Theaters aus.
Anton Atzenhofer interessiert sich für das Wunder »Mensch« und hat eine außerordentliche Begabung für die Darstellung der unterschiedlichsten Charaktere. Atzenhofers Individuen sind so lebendig, dass man mit ihnen sprechen möchte und oftmals doch auch so mysteriös, dass sie einem geheimnisvolle Rätsel aufgeben. Extra für die Fürther Theaterbesucher hat er sich einer der schillerndsten Figuren Europas aus dem 18. Jahrhundert angenommen: Erleben Sie hautnah die Abenteuer des Schriftstellers und Verführers Giacomo Casanova, der Venedigs Gassen, Kanäle, Ballsäle und Damen unsicher macht. Aber nicht nur der italienische Draufgänger, auch britische und amerikanische Film-Diven, himmlische Wesen wie Engel oder Elfen und nicht zuletzt die ganz normal verrückten Helden des Alltags bringen quirlige Lebendigkeit in die ehrwürdigen Hallen des Fürther Stadttheaters.
Kurt Neubauer ist eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der Landschaftsgemälde. Seine besondere Spezialität sind dabei ungewöhnliche Perspektiven und faszinierend blaue Farbtöne, die selbst Engel zum Schwärmen bringen könnten. Einen Himmel voll Schäfchenwolken und liebliche fränkische Landschaften idyllisch darzustellen, ist vergleichsweise einfach. Die »Modelle« Knoblauchsland, Frankenwald oder Altmühltal sind von Natur aus echte Beauties. Neubauer gelingt es aber ebenso perfekt, Autos, Schnellstraßen und Hochhäuser derart wundervoll romantisch zu verklären, dass sie sich in traumhafte Anblicke verwandeln.
Wer am kommenden Sonntag, dem 23. März ab 11.00 Uhr Zeit hat, kann die Vernissage besuchen und die Eröffnungsrede des Journalisten Bernd Zachow hören. Sollten Sie kein Theater-Abo haben, können Sie nach dieser Eröffnungsveranstaltung zur Besichtigung der Ausstellung entweder mit dem Veranstalter John Hammond einen Termin vereinbaren (Tel. 0911–770 727 / aah-art@t‑online.de) oder ab 25.03. die Website der Galerie Atzenhofer besuchen, wo alle Werke abgebildet werden und der Termin für eine Führung durch die Ausstellung im Theater bekannt gegeben wird.
Großartig! Ich schätze die Arbeiten beider Künstler sehr und erfreue mich täglich meines farbenfrohen Domestiken von Atzenhofer’schem Pinselstrich. Von den im Artikel gezeigten Werken gefällt mir vor allem »Casanova auf der Flucht«: Galant bis zum Schluß, in jeder Lage bella figura machend, sowas bleibt für unsereinen ja nur die reine Wunschvorstellung. Man beachte auch die dynamisch-kühne Perspektive, die an den Blick durch ein Fisheye-Objektiv erinnert und die die Aufmerksamkeit des Betrachters gekonnt auf das Paar im Vordergrund lenkt. Die Dame bleibt gesichtslos, warum auch nicht, es gab ihrer ja so viele im Leben Casanovas. Ein famoses Bild, nicht ohne Tragik, aber hintersinnigerweise mit einem ironischen Augenzwinkern gewürzt. Diese Leichtigkeit auch im Schweren macht dem Anton Atzenhofer so schnell keiner nach. Ich freue mich jetzt schon auf den Sonntag Morgen und die neuen Bilder!
Zwei weitere hintersinnige Bilder von Atzenhofer und Neubauer findet man übrigens in dem Artikel »Franken – das letzte Paradies«: Während Kurt Neubauer in einer weiteren Ansicht von Schnepfenreuth das fränkische Idyll nur zaghaft dekonstruiert (vermittels der am Rand hervorlugenden Kunstdüngersäcke), läß es Anton Atzenhofer krachen: In »Nabel der Welt« portratiert er eine »typisch« Fürther Familie auf ebenso pointiert ironische wie dennoch liebenswerte Art: Ja, so san’s, die Färdder!
Pressespiegel: »Charme mit Schärfe« (FN)