Fabulous Fakes – Fälschungen berühmter Meisterwerke
29. August 2012 | von Lydia Schuster | Kategorie: KulturIn den 1960er Jahren gab es in New York einen Laden mit angeschlossener Fälscherwerkstatt, der unter dem Namen »Fabulous Fakes« firmierte und ganz legal mit Kopien berühmter Kunstwerke handelte. Inspiriert durch Fotos des Shops, aufgenommen von Horst Schäfer, entstand die Idee zur Plagiat-Ausstellung, an der sich 27 Künstler aus verschiedenen Städten Deutschlands – darunter auch Fürth – beteiligen.
Gefälscht werden durfte, was immer dem jeweiligen Künstler am besten gefiel unter den bekannten Kunstgrößen. Es kam dabei ausdrücklich nicht darauf an, die Vorlage absolut originalgetreu wiederzugeben; Interpretationen jeder Art waren genauso erwünscht. Im Ergebnis sind etwa die Hälfte der Werke Kopien, die dem zugrundeliegenden Meisterwerk verblüffend ähnlich sind.
Um die fast 100 Werke der Plagiat-Ausstellung beurteilen zu können, muss man nicht vorher Kunstbände durchlesen, denn neben jeder Fälschung ist eine kleine Abbildung der berühmten Vorlage angebracht, die auch über den Maler, Entstehungsjahr des Bildes, Technik, Aufenthaltsort und den Wert des Originals und seiner Fälschung Aufschluss gibt. Die Ausstellung ist also auch eine ideale Gelegenheit, sein Wissen über einige der berühmtesten Gemälde der Welt aufzufrischen.
Inspiriert von der großartigen Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum wurde Dürer gleich von mehreren Künstlern gefälscht. Neben der Landschaftsansicht »Drahtziehermühle« und dem berühmten Portrait der jungen Venezianerin, die unseren alten 5‑Mark-Schein zierte, wurde der Hase in verschiedenen Varianten gemalt.
Der Nürnberger Künstler Rainer Wattenbach nahm sich das berühmte »Selbstbildnis Dürers im Pelzrock« vor, das die Münchner Pinakothek leider nicht an das GNM entleihen konnte. Wattenbach ließ sich ein Brett aus altem Holz in der Größe des Originalgemäldes anfertigen, mischte die Farben für die Grundierung (Eitempera) in der Art Dürers selbst und malte das Bild dem Original entsprechend in Lasurtechnik (Eitempera/Öl). Täuschend echte Fälschungen gibt es auch von der »schönen Römerin« von Modigliani und dem Portrait eines Mädchens von Renoir.
Zwei große Impressionisten wurden extra für die Galeristin perfekt gefälscht. Auguste Renoirs »Frühstück der Ruderer« und Alfred Sisleys »Überschwemmung in Port Marly« hingen bislang nur als Kunstdruck in ihrem Haus. Der auch wegen seiner politischen Statements bekannte Künstler George Grosz malte 1917 »Metropolis«, das man jetzt in einer fast identischen Fassung von Anton Atzenhofer in der Ausstellung bewundern kann.
Ariane Herpich malte die Ehefrau von Henri Matisse, der Vorlage aus dem Jahr 1907 unglaublich ähnlich und der wirklichen Madame Matisse wie aus dem Gesicht geschnitten. Der Berliner Stefan Atzenhofer ist auch als Comiczeichner bekannt und hat zum einen zwei Picassos gefälscht, zum anderen die Mona Lisa in seinem ganz persönlichen Stil abgewandelt. Die Dame pfeift auf den übertriebenen Rummel um ihre Person und raucht erst mal eine gute Zigarre.
Mit dem Riesentheater um Mona Lisas Lächeln kann der Fürther Künstler Axel Voss gar nichts anfangen. Er steuerte ein »Durchfahrt Verboten-Schild« mit den Umrissen der berühmten Dame bei.
Zigarren sind ein Beiwerk des bekannten Popart-Künstlers Mel Ramos, der durch seine sexy Pin-Up-Girls als Teil von Werbearrangements in den USA der 1960er Jahre bekannt und bei Feministinnen berüchtigt war und dessen Druckgrafiken jetzt mit Tusche und Aquarell endlich auch gemalt wurden. Ein Selbstportrait von Frida Kahlo wurde von der aus Peru stammenden Malerin Mariagrazia Huaman variiert. Ketten und Ohrringe der schönen mexikanischen Künstlerin fälschte die Nürnberger Schmuckdesignerin Moni Zidak in ihrer neuen, farbenfrohen »Frida-Kollektion«. Frau Merians »blaue Lilie« gibt es von Tania Engelke perfekt kopiert. Gerd Bauer, der bekannte Nürnberger Cartoonist ließ Frau Merian bereits in der blauen Nacht auf unserer Nürnberger Burg als Comicfigur auftauchen. In ähnlichem Stil sind auch die Blumenbilder der Malerin verändert, ebenso wie der Globus von Behaim.
Raoul Dufy malte 1926 die Engelsbucht in Nizza. Die Kopie von Uschi Neuwert erscheint auf den ersten Blick genauso romantisch und wurde in denselben frischen, sonnigen Farben gemalt. Wenn man das Bild mit seiner Vorlage vergleicht, fällt aber auf, dass die Szene um einige Segeljachten ergänzt wurde, die es zu Dufys Zeit noch nicht gab, die aber heute viele Buchten rund um Nizza bevölkern.
Susanne Schattmann fälschte nur scheinbar ganz exakt ein Frauenportrait von Jean-Auguste-Dominique Ingres. Der sehr feine Malstrich des Originals erscheint perfekt kopiert, nur hat die schicke »Madame Riviere« anstatt einer Pelzstola den Hals eines Schwanes um sich gewickelt, eine kleine Anlehnung an »Leda und den Schwan«. Christoph Haupt fälschte kein Gemälde, sondern ein Foto von August Sander, das drei junge Bauern auf dem Weg zum Tanzabend zeigt. Aus einem, im Original sehr kleinen, Fotoabzug wurde ein 122 x 112 cm großes Ölgemälde. Konrad Klapheck gilt als typischer Vertreter der Nachkriegs-Avantgarde in Deutschland und wurde durch seine neorealistischen Gemälde von Industriegeräten wie z. B. auch Rechen- und Schreibmaschinen bekannt, die der Marburger Künstler Stefan S. Schmidt frei aber in ähnlichem Stil auf die Leinwand brachte.
Selbstverständlich sind auch Künstler der Gegenwart schon so bekannt, dass man eine Hommage an ihr Werk präsentieren kann. Ottmar Hörl begann mit dem Dürer-Hasen; mittlerweile gibt es aber vom Gartenzwerg über Erdmännchen, Kröten oder den Kopf Picassos kaum ein Lebewesen, das er nicht in farbigem Kunststoff verewigt hätte. Aus irgendeinem Grund hat der Künstler noch nicht an die Kunstkäufer von morgen gedacht. Um auch Kunst für den ganz jungen Nachwuchs zu bieten, zeigen wir falsche »Hörl-Badeenten« zum Planschen. Die Kunstform des »Objet Trouvé« (franz. für »gefundener Gegenstand«) wurde auch für die falschen »Hörl-Krähen zur Taubenabwehr« angewandt.
Ein besonders originelles Highlight der Ausstellung sind zehn Fälschungen von Martin Graf. Der Hamburger Künstler druckte als Linolschnitt (in verlorener Form) mit Ölfarben Meisterwerke ganz verschiedener Stilrichtungen. Der besondere Witz entsteht dadurch, dass die Werke – wie durch den Türspion betrachtet – dargestellt werden, was sie lustig verzerrt. Die Quadrate Mondrians werden sanft gerundet, die Venus von Boticelli ist in der Taille etwas stärker. Giacomettis »Schreitender« hat endlich eine gesunde Figur, genau wie Popeyes Liebste Olivia. Die Maya von Goya wird durch Grafs Türspion betrachtet zum echten Busenwunder...
Erfreulich sind auch die Preise in der großen Ausstellung weltbekannter Meisterwerke; bereits ab 10 € kann man einen Hörl, für 60 € einen Goya, Giacometti, Botticelli erwerben. Das teuerste Werk kostet 4.200 € und liegt damit natürlich weit entfernt von den mittlerweile oft unanständig hohen Preisen, die für die Vorlagen in Versteigerungen in New York oder London erzielt werden.
Über die Dauer dieser Ausstellung hinaus bietet die Galerie noch ein besonderes Service-Angebot für Besucher, die unter den vielen tollen Werken trotzdem nichts passendes finden konnten. Suchen Sie sich unter allen Bildern den Malstil aus, der Ihnen am besten gefällt und lassen Sie sich Ihr persönliches Lieblingswerk vom Fälscher Ihrer Wahl kopieren bzw. gerne auch verändern/verbessern!
Fabulous Fakes – Fälschungen berühmter Meisterwerke
Vernissage:
15. September 2012 von 13.00 bis 18.00 Uhr
Ausstellungsdauer:
15. September bis 4. November 2012
Mittwoch bis Sonntag von 13.00 bis 18.00 Uhr
oder nach telefonischer Vereinbarung
Galerie Atzenhofer
Weißgerbergasse 17
Weinmarkt 10 (ab 2017)
90403 Nürnberg
Telefon: 0152 – 33 86 80 66
post@galerieatzenhofer.de
www.galerieatzenhofer.de