Fürther Talent stellt in Nürnberg aus
22. August 2010 | von Lydia Schuster | Kategorie: KulturBekanntermaßen sind Konvertierte die Strengst-Gläubigen. Ähnlich verhält es sich oft mit Wahl-Beheimateten. Max Baumer stammt ursprünglich aus Regensburg und kam zum Studium an der Kunstakademie ins schöne Franken, wo er sich Fürth als Wohn- und Lebensmittelpunkt auswählte. Nach mittlerweile 33 Jahren Kleeblattstadt verrät nur mehr sein leicht bayerisch gefärbter Akzent, dass er kein gebürtiger Fürther ist, denn an Lokalpatriotismus ist der Künstler kaum zu überbieten. Glücklicherweise konnte er dennoch überredet werden, die Grenzen seiner Lieblingsstadt soweit zu übertreten, dass die Ausstellung in der Nürnberger Galerie Atzenhofer ermöglicht wurde.
Trotz erfolgreichen Abschlusses des Malereistudiums als Meisterschüler von Prof. Scharl ging Max Baumer mit seinen Bildern bisher kaum an die Öffentlichkeit. Der von mehreren kreativen Musen gleichermaßen heftig geküsste Künstler ist in erster Linie als sehr erfolgreicher Trickfilmer und Computeranimateur bekannt. Mit »Harzers Bazaar« ist er als Sänger einer Pop‑, Soul‑, Jazz- und Bossa Nova-Band unterwegs (siehe www.harzers-bazaar.de mit 3D-Animationen von Baumer). Den größten Teil seiner übrigen Zeit verwendet der gut ausgelastete Workaholic auf das Malen von Bildern. Da Baumer auch ein begnadeter Texter ist, ist ein Teil seiner Werke mit treffenden Untertiteln versehen. In allem, was er tut, ist das Multitalent extrem fleißig und somit auch als Maler unglaublich hyperproduktiv. Die Ausstellung zeigt eine besonders exquisite Auswahl von ca. 90 Zeichnungen und Aquarellen.
Max Baumer ist auf den ersten Blick ein in sich ruhender, feinhumoriger und intelligenter Mensch. Seine Bilder verraten, dass aller Ausgeglichenheit zum Trotz in ihm auch der Prototyp des wilden, emotionalen Künstlers steckt, der spontan und intuitiv agiert: was immer ihm gerade durch den Kopf geht, seine Sinne berührt, seine Begeisterung weckt, es wird ruckzuck und ohne ordnende oder verkünstelnde Planung zu Papier gebracht. Ein Glück, dass er das Handwerk perfekt beherrscht, denn so lässig lassen sich gegenständliche, teils sehr feinteilige Aquarelle nur malen, wenn man die Technik im Griff hat. Max Baumers Bilder entstehen völlig spontan, da gibt es keine detaillierten Vorzeichnungen, keine Entwurfsvorlagen und keinerlei Korrekturen. Der Künstler kennt kein Zögern oder Zaudern, jeder Pinselstrich sitzt ad hoc.
Das künstlerische Universalgenie Baumer könnte seinen zahlreichen Erfolgen als Sänger, Maler und Texter sicher auch noch eine Karriere als Film- oder Theater-Regisseur hinzufügen. Emotionsstarke Vorlagen für Drehbücher finden sich in seinen Bildern in großer Zahl. Da wird die ganze Palette des großen Gefühlstheaters geboten: tanzende Tangodamen im fortgeschrittenen Alter, illustre Gestalten, die reichlich Rouge und Lippenstift zur Schau tragen, Herren mit riesigen Zylinderhüten und natürlich Liebes- und Leidenspaare in allen Phasen ihrer Zweisamkeit.
Max Baumer selbst sagt über seine Bild-Motive, es seien »die verdammt naheliegenden Themen des Lebens« und erklärt, dass er im Gegensatz dazu in seiner Jugend immer weltbewegende große Dinge darstellen wollte. Der mittlerweile über 50-jährige greift jetzt also so banal alltägliche Begebenheiten auf wie den »Dompteur, der mit einer zahmen Riesenkartoffel im Zirkus auftritt«, »dänische Derwische, die saure Milch trinken« oder »das Ende der Sodom & Gomorrha-Party, bei der die Gäste noch Reste vom Buffet mit nach Hause nehmen«.
Leichter zu erkennen ist die Realitätsnähe in seinem Bild zum »Wunder des Versandhandels«, in dem eine Dame mit den schrillen Farben ihrer neuen Stola hadert oder in der Darstellung eines Bettes mit darüber angebrachtem Bild, das an unglücklichen Tagen den Ausblick in eine schönere Welt verheißt.
Baumer hat sich im Gegensatz zu den meisten Malern nicht auf eine bestimmte Richtung seiner Kunst festgelegt: Die Werke seiner Ausstellung wirken wie von drei unterschiedlichen Personen gemalt. Seine Griechenland-Impressionen entspringen dem Pinsel des Romantikers Baumer. Durch den gekonnten Einsatz leuchtender Farben geben sie unglaublich lebensecht das Sonnenlicht und die oft extreme Helligkeit des Südens wieder. Die beschriebenen skurril-wilden Bilder mit Texten zu »verdammt naheliegenden Lebensthemen« lassen eher auf einen eigenwilligen Querdenker schließen. Die dritte Rubrik sind sehr detaillierte, streng gegenständliche Illustrationen zu einem Lieblingsroman des Malers: »Mein Herz so weiß« von Xavier Marias.
Ob man nun über die ganz alltäglichen Dinge des Lebens oder über die eher ausgefallene Wunder unserer Welt staunt, erschrickt und lacht, in jedem Fall unterhalten Max Baumers Werke auf ganz fabelhafte Art und Weise. Die Bilder berühren, bewegen und amüsieren – wie man es von großartigen Theaterdarbietungen eben erwarten darf.
Wer zur Premiere am Samstag, den 28. August 2010 nicht kommen kann, hat bis zum 23. Oktober jeden Freitag und Samstag zwischen 13.00 und 18.00 Uhr (oder nach telefonischer Vereinbarung) die Möglichkeit, Baumers beeindruckende Inszenierung zu besuchen. Den Einladungsflyer zur Ausstellung finden Sie hier.
Galerie Atzenhofer
Weißgerbergasse 17
Weinmarkt 10 (ab 2017)
90403 Nürnberg
Telefon: 0152 – 33 86 80 66
post@galerieatzenhofer.de
www.galerieatzenhofer.de
Lydia Schuster betreibt die Galerie Atzenhofer in der Fürther Ostvorstadt (Nürnberg).