Fussballerischer Jahresrückblick 2010
31. Dezember 2010 | von »Färdder« | Kategorie: SportZum Schluß hier noch ein kleiner fussballerischer Jahresrückblick über Ereignisse und die Entwicklung der SpVgg im abgelaufenen Jahr.
Januar
Mit Jahresbeginn begann auch die Amtszeit von Neu-Trainer Mike Büskens, welcher kurz vor Jahreswechsel als Nachfolger von Benno Möhlmann vorgestellt wurde. Während des Wintertrainingslagers in der Türkei sollte Büskens, welcher zuvor nur als Schalker Reservisten- und Gelegenheitsinterimstrainer am Spielfeldrand tätig war, die Kleeblattprofis nach einer verkorksten Hinrunde wieder auf Kurs bringen. Nach zwei Testspielniederlagen gegen die Erstligisten Köln und Gaziantepspor sahen einige Büskens jedoch schon als Fehlgriff. Alle Zweifler verstummten aber schnell, als man im ersten Rückrundenspiel den Tabellenführer aus Kaiserslautern mit 3:0 aus dem Ronhof fegte. Die bis dahin kurz vor den Abstiegsrängen stehende SpVgg war wieder da und konnte auch die zwei folgenden Partien gegen Frankfurt und Cottbus gewinnen.
Februar
Im Februar stieg das Spiel des Jahres. Die SpVgg trat dabei im Viertelfinale des DFB-Pokals beim Rekordmeister Bayern München an. Am Ende setzte es zwar eine 2:6‑Klatsche, das Ergebnis spiegelt aber nicht die Leistung unserer Elf wieder. Eine Halbzeit lang dominierte der kleine fränkische Traditionsverein die großen Bayern, ging sogar in Führung. Die eigene Chanchenverwertung und einige Nachlässigkeiten in der Abwehr sorgten am Ende dann aber doch für den klaren Endstand und Frust bei den rund 8000 mitgereisten Fans.
Für Aufmerksamkeit sorgte aber nicht nur die gute sportliche Leistung der SpVgg, sondern auch das Verhalten der Ordnungshüter vor, während und nach der Partie. Diese hatten sich einige Scharmützel mit dem Fürther Anhang geleistet. Alles deutete zunächst auf das übliche hin: Die Fans sorgen für Stunk und die Polizei und Ordner greifen ein. Dumm war diesmal nur, daß unter den vermeintlichen Randalieren auch Vereinsvertreter und Familien mit Kindern waren und denen schenkt man natürlich Gehör. Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte, welche bis heute anhalten, waren im Nachgang die Folge und selbst die Politik schaltete sich ein. Die zunächst pauschal verhängten Stadionverbote wurden größtenteils wieder zurückgenommen.
März
Der März war der Monat von Max Grün, welcher vor Saisonbeginn von der Reservemannschaft des FC Bayern München als dritter Torhüter bei der SpVgg verpflichtet wurde. Zunächst profitierte er vom Verletzungspech der beiden etatmäßigen Schlußleute Stephan Loboué und Jasmin Fejzic. Nach herausragenden Leistungen schaffte Grün aber schnell den Sprung in die Stammelf und löste Loboué, welcher sich gleichzeitig in einem Formtief befand, als Nummer Eins ab. Zwar konnte auch ein Max Grün die übliche peinliche Niederlage bei Angstgegner Koblenz Mitte des Monats nicht verhindern, sportlich gesehen entpuppte sich der Wechsel im Fürther Tor aber als Glücksgriff. Sportlich ging es weiter bergauf mit der SpVgg und man konnte sich wieder im Mittelfeld der 2. Bundesliga etablieren.
April
Der April begann, wie sollte es anders sein, mit einem Scherz. Auf der Homepage der SpVgg wurde vermeldet, daß das im Mai anstehende Heimspiel gegen den Aufstiegsaspiranten FC St. Pauli nach Hamburg verlegt wird um der dort herrschenden Kartennachfrage gerecht zu werden. Die selbe Meldung erschien fast zeitgleich auch auf der Hompeage des Hamburger Kiezklubs und so zweifelte trotz 1. Aprils niemand an der Echtheit der Meldung. Es kam wie es kommen musste, die fränkische Muffelmenthalität schlug zu. Anstatt in den Kalender zu schauen, trug man seinen Unmut an den Verein heran. Nach offiziellen Angaben reichten die Reaktionen von »überraschten Anrufen«, »erschrockenen Fans« bis hin zu »einer absoluten Frechheit« und »Emails mit beleidigendem Inhalt«. Es sollen aber auch »freudige Emails« mit dabei gewesen sein...
Mai
Im Mai besuchte der gebürtige Fürther Henry Kissinger seine Heimatstadt und wie immer schaute das SpVgg-Ehrenmitglied auch im Ronhof vorbei. Der ehemalige US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger inspizierte das VIP-Gebäude, welches bei seinem letzten Besuch noch nicht stand, und informierte sich in einem Gespräch mit Vereinspräsident Helmut Hack über das aktuelle Geschehen. Als Geschenk überreichte ihm Manager Rachid Azzouzi ein Trikot mit der Nummer 23, dem Geburtsjahr Kissingers.
Der Mai war auch der Monat des Saisonabschlusses. Im letzten Heimspiel empfing die SpVgg den FC St. Pauli. Und nein, es fand nicht in Hamburg statt, sondern es bleib ein Fürther Heimspiel. Da bei einem Sieg der FC St. Pauli den Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern konnte, wollten auch dementsprechend viele Fans mit dabei sein. Eine Völkerwanderung aus dem Norden nach Franken war die Folge. Bereits am Morgen war die Fürther Innenstadt übersäht mit St.-Paulianern, welche bekanntermaßen anders sind als andere Fans und eine gewisse Trinkfestigkeit mitbringen. Einige Kneipen öffneten daher früher als gewohnt um dem Ansturm gerecht zu werden. Da die Fans beider Fangruppen auch eher entspannt zueinander stehen, brauchte man sich um die Sicherheit keine Gedanken machen und so kündigte die Polizei im Vorfeld defensives Verhalten an. Im Spiel unterstrich der Kultklub aus Hamburg seine Ambitionen und gewann am Ende klar mit 4:1. Der Aufstieg war geschafft, die Freude beim mitgereisten Anhang groß. Mit Abpfiff brachen im Stadion alle Dämme. Die rund 6000 St.-Pauli-Fans eroberten das Spielfeld und feierten ihre Mannschaft auf dem Rasen. Die Kleeblattfans auf der anderen Seite sahen hingegen einmal mehr ein anderes Team im Ronhof einen Aufstieg feiern.
Eine Woche später dann stand das letzte Saisonspiel auswärts beim KSC auf dem Programm. Es endete mit einen 1:1‑Unentschieden und setzte den Schlußstrich unter eine durchwachsene Saison, welche die SpVgg am Ende auf dem 11. Tabellenplatz abschloss.
Juni
Im Juni war Sommerpause. Dennoch stand auch in der Kleeblattstadt Fussball auf dem Programm. Zwar wurde kurz zuvor ein geplantes Testspiel zwischen der SpVgg und dem Gastgeberland Südafrika abgesagt, ein anderer WM-Teilnehmer war aber doch gekommen. Algerien bestritt im Vorfeld des Turniers im Ronhof ein Testspiel gegen die Vereinigten Arabischen Emirate und zahlreiche, überwiegend aus Frankreich stammende Fans, waren zu Gast und ließen WM-Stimmung aufkommen.
Als das Turnier dann kurz darauf begann, konnte man die Spiele auf dem ehemaligen Gelände der Humbser-Brauerei in der Schwabacher Strasse beim Public-Viewing verfolgen und die Erfolge der deutschen Mannschaft ließen Träume vom Titel aufkommen.
Juli
Anfang Juli begann für die SpVgg die Vorbereitung auf die kommende Spielzeit. Ein erstes Testspiel in Markt Erlbach wurde mit 6:0 gewonnen. Neue Spieler, darunter Rückkehrer Thomas Kleine, waren gekommen – einige Abgänge wie Publikumsliebling Stephan Loboué oder später Sami Allagui haben die SpVgg verlassen. Das Stadion im Sportpark Ronhof wurde zur Arena und wurde mit Monatsbeginn von Playmobil-Stadion in Trolli-Arena umbenannt. Es bekam aufgrund des anstehenden 100-jährigen Jubiläums neue Sitze, mit welchen die Farbgebung den Vereinsfarben angepasst wurde.
Beim Public-Viewing jubelten die Fans nach dem 4:0‑Sieg der Deutschen Nationalmannschaft gegen Titelfavorit Argentinien und träumten noch vom WM-Pokal.
Es hätte eigentlich ein sehr schöner Monat werden können, dennoch erschütterte Anfang Juli eine Nachricht die Fürther Fußballwelt. Herbert Erhard war einige Tage vor seinem 80. Geburtstag verstorben. Der einstige Fussballstar der 50er Jahre galt bis zu seinem Tod als generationsübergreifendes Idol, war lange bei der SpVgg aktiv, lebte bis zuletzt zusammen mit seiner Frau in der Nähe des Stadions. Erhard wurde 1954 Weltmeister, nahm an insgesamt drei WM-Endrunden teil, bestritt 50 Länderspiele für Deutschland und war Spielführer der Nationalmannschaft. Ein ganz großer des Fürther, aber auch des deutschen Fussballs ging von uns. Seine Legende aber lebt weiter.
August
Mit einem letzten Testspiel gegen Atromitos Athen fand die Saisonvorbereitung ein Ende. Im Rahmen der damit verbundenen Saisoneröffnungsfeier fand auch die offizielle Umbenennung des Stadions, welches nun samt Haupttribüne in den weiß-grünen Vereinsfarben erstrahlt, in Trolli-Arena bei einem kleinen Festakt statt. SpVgg-Helmut Hack, Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung und der Chef der Mederer Süßwarenvertriebs GmbH, Herbert W. Mederer, enthüllten dabei ein neues Namensschild mit dem Trolli-Schriftzug über der Gegengerade.
Neben diesem neuen Sponsoren und der damit eröffneten Werbeeinnahmequelle hatte Hack aber auch noch einen weiteren Grund zum Jubeln. Er wurde in den Ligavorstand gewählt. Die sachliche und durchdachte Arbeit Hacks als Vereinspräsident, welche er in Fürth bereits seit dem Zusammenschluss 1996 zwischen der SpVgg Fürth und dem TSV Vestenbergsgreuth ausübt, wurde damit gewürdigt.
Im August begann mit dem ersten Pflichtspiel auch die neue Saison richtig. Zum Auftakt reiste die SpVgg nach Braunschweig zum Spiel in der 1. Runde des DFB-Pokals. Nach 90 Minuten stand es noch 0:0 – erst in der Nachspielzeit konnte die Fürther Mannschaft zwei Treffer erzielen und ging am Ende mit 2:1 als Sieger vom Platz. Eine Woche später erfolgte auch die Saisonpremiere in der 2. Bundesliga. Mit einem 4:1‑Sieg gegen den KSC setzte man gleich zu Beginn ein Ausrufezeichen und meldete seine Ansprüche auf die oberen Tabellenregionen an.
September
Der September stand ganz im Zeichen des 100-jährigen Jubiläums des Sportparks Ronhof. Den Auftakt für eine ganze Reihe von dazugehörenden Aktionen machte die Fanszene mit einer ausdrucksstarken Choreographie vor dem Heimspiel gegen Aachen, welches einen Tag nach dem eigentlichen Jubiläum, am 12. September 2011, stattfand.
Weitere Aktionen, wie eine Sonderausstellung im Stadtmuseum Ludwig Erhard (welche unlängst bis zum 31. März 2010 verlängert wurde), eine Ticketaktion (»für 100 Cent ins Stadion«) und eine eigene Kollektion an Fanartikel, darunter ein neuer Buchband zum Thema, folgten.
Oktober
Im Laufe des Oktobers hat sich die SpVgg nach einer bisher guten Saisonleistung im oberen Bereich der Tabelle festgesetzt und rückte sogar bis auf den 2. Platz vor. Im Spitzenspiel bei Tabellenführer Hertha BSC begann jedoch der zwischenzeitliche Einbruch – im weiten Rund des Berliner Olympiastadions verlor Fürth mit 0:2. Ein paar Tage später folgte das Aus im DFB-Pokal gegen Augsburg und eine weitere Niederlage in der 2. Bundesliga gegen Erzgebirge Aue.
November
Der November begann, wie der Oktober endete. Mit einer Niederlage. Diesmal beim MSV Duisburg. Was bei den Profis nicht klappte, gelang aber zumindest bei der Reservemannschaft. Mit 6:1 gewann man gegen den 1. FC Nürnberg in der Regionalliga Süd und jagte den ungeliebten Nachbarn wieder zurück über die Stadtgrenze. Sogar der Fürther Torhüter Jasmin Fejzic trug sich dabei in die Torschützenliste ein, was die Schmach noch steigerte.
Im Rahmen der Ausstellung anlässlich des Ronhof-Jubiläums fand im November auch eine Diskussionsrunde im Stadtmuseum statt. Mit dabei waren die ehemligen Spieler Peter Löwer und Ernst Sieber, SpVgg-Urgestein Edgar Burkart sowie der SpVgg-Archivar und Autor Jürgen Schmidt. In einer durchaus unterhaltsamen Runde plauderten alle aus dem Nähkästchen und ließen die ein oder andere Geschichte los.
Erfreulich war das Geschäftsergebnis der SpVgg, welches Ende November im Rahmen der jährlichen Mitgliederversammlung verkündet wurde. Ein Gewinn von mehr als einer halben Million Euro stand zu Buche – auf den ersten Blick vielleicht nicht viel für einen Profiverein. Nach dem Millionenverlust aus dem letzten Jahr aber ein dennoch sehr erfreuliches Ergebnis. Kleiner Wermutstropfen am Rande der Mitgliederversammlung: SpVgg-Urgestein Edgar Burkart zog sich krankheitsbedingt als Vize-Präsident zurück und stellte sich nicht zur Wiederwahl. Selbstredend ist aber, daß er dem Verein als Anhänger erhalten bleibt. Sein jahrzehntelanges Engagement würdigte man, indem man ihn zum Ehrenmitglied des Präsidiums ernannte.
Dezember
Finanziell war also wieder alles im Reinen und auch sportlich ging es wieder bergauf. Die Hinrunde der 2. Bundesliga schließt die SpVgg auf einem guten 6. Tabellenplatz ab. Gut, weil die Differenz auf den Tabellenführer nur drei Punkte, also einen Sieg, beträgt und man sich nach wie vor Hoffnungen auf einen Aufstieg machen darf.
Auch der Eventmarathon zum Ronhof-Jubiläum endete im Dezember. Letzter Höhepunkt war die Wahl einer Jahrhundertelf durch Fans der SpVgg. Darunter sind einige Deutsche Meister, Nationalspieler und Weltmeister. große Namen wie Karl Mai, Herbert Erhard und Lony Seiderer lassen den einstigen Stellenwert des Fürther Fussballs in Deutschland erahnen. Die gesamte Jahrhundertelf besteht aus Peter Löwer, Bernhard Bergmann, Hans Hagen, Helmut Klump, Herbert Erhard, Max Appis, Daniel Felgenhauer, Karl Mai, Rachid Azzouzi, Frank Türr und Lony Seiderer.
Ein ereignisreiches Jahr geht heute also zu Ende. Viel schöne Dinge, einige weniger schöne Dinge und einiges Belangloses waren dabei. Wie jedes Jahr eben – also auf ein Neues. Vielleicht kann man im nächsten Jahr dann doch endlich mal von einem gelungenen Aufstieg ins Fußball-Oberhaus zurückblicken. Ein Traum, dessen Verwirklichung einmal mehr zum Greifen nah zu sein scheint.
[...] An anderer Stelle passt das aber schon eher. So habe ich mich entschlossen, auf einer anderen Plattform auf das heute ablaufende Jahr zurückzublicken. Auf Fuerther-Freiheit.info, einem themenübergreifendem Bürgerblog aus der Kleeblattstadt, habe ich daher ein paar Zeilen verfasst. Zu finden hier… [...]