Kassensturz bei den Fürther Finanzen?
28. Juli 2010 | von Michael Müller | Kategorie: PolitikWenn die kommunalen Aufsichtsbehörden nicht mehr bereit, sind die Finanzplanung einer Stadt zu genehmigen, dann ist ein Kassensturz fällig. An diesem wird derzeit im Fürther Rathaus gearbeitet, denn die Ausgaben übersteigen – seit Jahren – die Einnahmen. Also ist Sparen angesagt. Aber anstatt verantwortungsvoll die Situation zu analysieren, in der die städtischen Finanzen heute – und morgen – stehen, wird die Öffentlichkeit mit unklaren Zahlen und Parolen beruhigt, wo eigentlich Alarm ausgelöst werden müsste.
So berichtet Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung am 22. Juli 2010 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) voller Stolz über das Ergebnis von acht Einsparrunden: »jedes Mal haben wir fünf Millionen Euro aus dem Etat gekürzt.« Dass dennoch acht Jahre lang im Schnitt die Schulden um jeweils mehr als 20 Millionen Euro/Jahr erhöht wurden, verschweigt er geflissentlich. Und voller Stolz berichtet er weiter: »2008 sind wir richtig gut dagestanden, wir hatten einen Haushalt ohne Neuverschuldung. Aber dann kam die Finanzkrise, …« Was zeigt uns aber die offizielle Finanzstatistik ? In 2008 wurden 24,1 Millionen Euro neue Schulden gemacht (siehe Statistisches Jahrbuch der Stadt Fürth 2009, S. 187).
Das Abschieben der Verantwortung allein auf die Finanzkrise scheint in Fürth System zu haben. Seit einigen Wochen hat der SPD-Stadtrat Rudi Lindner am Gartenzaun seiner Wohnung (Nähe Rathaus) ein rund 20 Meter langes Transparent angebracht, mit dem er – im Schulterschluss mit der Gewerkschaft ver.di – dazu auffordert, die Krisenverursacher zur Kasse zu bitten. Und damit meint er wohl Dritte, die Banken, die Spekulanten, die Vorstände der Dax-Unternehmen usf. Er setzt mit dieser Aktion offensichtlich darauf, dass Populismus weiterhilft den Haushalt zu sanieren.
Doch nun zum Sparen: In dieser Woche soll ein »Sparpaket« von 5,7 Millionen Euro auf den Weg gebracht werden. Wer nun an richtiges Sparen denkt, also eine Reduzierung der Ausgaben, wird enttäuscht. Ein wesentlicher Anteil der sog. Einsparungen soll aus Gebührenerhöhungen kommen: Von der infra aus strukturangepassten Fahrpreisen (was immer das ist), aus höheren Bestattungsgebühren, erhöhter Hundesteuer usf. Und darüber hinaus darf man nicht glauben, 2010 ginge es bereits richtig los mit dem Sparen. 2010 tut sich erst einmal nichts, so gut wie nichts. 2011 sollen es dann 2 Millionen Euro sein, aber seine volle Blüte wird das Sparpaket erst 2013 entfalten.
Bei diesem Vorgehen dürfen wir gespannt sein, was sich die 42 Entscheidungsträger aus dem Rathaus mit kybernetischer Unterstützung letzte Woche ausgedacht haben, um weitere 12 Millionen Euro einzusparen. Die SZ zitierte aus dem Interview mit dem Oberbürgermeister, »dass sich bereits viel Geld damit sparen lässt, wenn alle Schüler nach dem Unterricht ihre Stühle selbst auf den Tisch stellen« (vermutlich um die Bodenreinigung zu beschleunigen!).
Das Interview in der SZ habe ich auch gelesen und mich gewundert. Es gab also eine mehrtägige, spaßige Sparklausur unserer obersten Verwaltungsspitze mit kybernetisch geschulten Schweizer Beratern.
Über das Resultat erfahren wir aus dem Interview leider nur wenige Details. Die genügen aber schon, dass man sich seine Gedanken über unsere Verwaltung macht.
In anderen Städten (z.B. Nürnberg) werden schon seit Jahrzehnten die Stühle von den Schülern selbst nach dem Unterricht auf die Tische gestellt. In Fürth braucht man für diese Idee eine Klausurtagung und Unterstützung aus der Schweiz. Ich bin gespannt, was noch alles in der Stadthalle ersonnen wurde.
Den Stadtrat Rudi Lindner schätze ich sehr. Sicher weiß er genau, welche Stadtratsbeschlüsse u.a. zu der Fürther Finanzkrise beigetragen haben. Er war ja selber dabei. Ich denke, das Transparent an seinem Gartenzaun soll nur eine homorvolle Anregung zur Schadensregulierung sein.
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