»Rauchzeichen eines Baudenkmals« – Der skandalöse Verfall des ältesten Hauses der Südstadt
13. Juli 2017 | von Felix Geismann | Kategorie: HäuserkampfIn prominentester Lage an der Schwabacher Straße verfällt ein malerisches Anwesen. Die Ausstattung des Baudenkmals fällt dem Vandalismus zum Opfer, Schlagzeilen macht das Gemäuer als es zum Tatort eines Tötungsdelikts wird und ein Jahr später steht es in Flammen. Und die Stadt sieht weg.
Die im Volksmund so genannte »Pechhüttn« ist alles andere als eine Hütte. Vielmehr thront die ehemalige Ausflugsgaststätte in der Schwabacher Straße 53 weit erhöht wie eine verwunschene kleine Villa über dem Eingang zur Südstadt, spätestens seit Mitte der 1920er Jahre die Eisenbahn-Unterführung Schwabacher Straße gegraben wurde. Der zweigeschossige Sandsteinquaderbau wurde bereits 1831 im Stil des Klassizismus erbaut. Das ehemalige Wirtschaftsgebäude und Gartenhaus zählt damit heute nicht nur zu den prominenten und stadtbildprägenden Baudenkmälern der Südstadt, sondern auch zu den ältesten.
Apropos Gartenhaus: Umgeben ist das zweigeschossige Gebäude von einem großen Garten – Und dieser Grund weckt Begehrlichkeiten, eine vier- oder mehrgeschossige Blockrandbebauung durchzusetzen, die saftige Profite verspricht. Dem steht das liebliche Baudenkmal seit etlichen Jahren standhaft im Weg – alle Abbruchanträge sind bisher gescheitert.
Als eingetragenes Baudenkmal, dessen Ausbau im Jahr 1902 kein geringerer als der berühmte Fürther Architekt Adam Egerer verantwortete, verdient das Gebäude einen besonderen Schutz, der notfalls auch gegen ein mutmaßliches Interesse der Eigentümer an maximaler Rendite aus der Verwertung des Grundstücks durchzusetzen ist.
Leider ist hiervon nichts zu erkennen: Im März 2016 wird das Anwesen zum Schauplatz eines Kapitaldelikts, im Juni 2017 macht ein aufsehenerregender Brand erneut offensichtlich, dass der Schutz der Bausubstanz vor witterungsbedingtem Verfall und Vandalismus seit vielen Jahren völlig unzureichend ist. Die Einfriedung des Grundstücks ist lückenhaft, die teils kunstvoll ausgeführten Bleiverglasungen nur noch in Bruchteilen erhalten, der Zugang zum Gebäude nicht mehr zuverlässig verwehrt und folglich das vor dem Brand teilweise noch gut erhaltene Interieur der akuten Gefahr von Vandalismus ausgesetzt.
Von Tötungsdelikten einmal ganz abgesehen, besteht hier seit etlichen Jahren ständig und andauernd das gegenwärtige Risiko, dass sich neugierige Kinder beim Spielen einer Verletzungsgefahr aussetzen. Andererseits ist das Baudenkmal nicht hinreichend in seinem Fortbestand geschützt.
Direkt am Weg vom (Technischen) Rathaus zum Ämtergebäude Süd an der Schwabacher Straße gelegen, möchte man doch meinen, der offensichtliche Verfall der Pechhüttn würde sich – nicht nur aber gerade auch – den Stadtverantwortlichen tagtäglich aufdrängen?
Die Stadt Fürth muss den Immobilieneigentümer ohne weiteres schuldhaftes Zögern zu dauerhaften und effektiven Notsicherungen im Sinne des Denkmalschutzes, vor allem zu einer wirkungsvollen Verriegelung der Türen und Fenster verpflichten und die zeitnahe Durchführung dieser Maßnahmen überwachen. Die durch den Brand verursachten Schäden sind umgehend zu beheben, um einen weiteren Abwärtstrend des populären Schmuckstücks zu vermeiden. Auf seinen Erhalt hat die Stadtgesellschaft einen Anspruch. Und so ist die Stadt Fürth in der Pflicht, ihn durchzusetzen. Machtlos ist sie mitnichten:
Nach Art. 4 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes hat der Eigentümer eines Baudenkmals dieses »instandzuhalten, instandzusetzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen«. Hierzu könnte er auch gegen seinen Willen verpflichtet werden, oder die Stadt wird selbst aktiv und stellt die Maßnahmen dem renitenten Eigentümer in Rechnung.
Ja gewiss, erfreulicherweise verfügt die Stadt Fürth trotz zahlreicher unnötiger Verluste nach wie vor über eine nennenswerte Anzahl von Baudenkmälern und daraus resultierend mag die Überwachung der Einhaltung des Denkmalschutzes in Zeiten unseliger Austeritätspolitik eine Herausforderung sein. Doch wieviel mehr Aufmerksamkeit soll ein Baudenkmal noch auf sich ziehen, damit sein Hilferuf gehört wird?
Weitere Informationen zum Gebäude und seiner wechselhaften Geschichte finden sich im FürthWiki-Artikel zur Schwabacher Straße 53.
Wir hatten, wie vielleicht viele Fürther, sofort an eine »heiße Sanierung« gedacht. Dafür war es wohl zu unprofessionell. Nichtsdestotrotz ein Skandal.
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Inzwischen hängen die Plakate des Investors dran...
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