Rechts au­ßen greift an

6. Dezember 2011 | von | Kategorie: Vermischtes

Der Rechts­ra­di­ka­lis­mus hier vor un­se­rer Haus­tür scheint gut or­ga­ni­siert. Mir ist das frü­her nicht auf­ge­fal­len, er war für mich weit weg. Er ist ein­fach nicht so re­le­vant, wenn man sich im We­sent­li­chen un­ter »Sei­nes­glei­chen« auf­hält, will in die­sem Zu­sam­men­hang hei­ßen: un­ter zi­vi­li­sier­ten Men­schen, die ei­ne ge­wis­se Dis­kus­si­ons­kul­tur schät­zen. Per­sön­lich ha­be ich noch nie ei­nen be­ken­nen­den Neo­na­zi ken­nen­ge­lernt.

Das Opfer des Brandanschlages (Foto: Alex Schulz)

Das Op­fer des Brand­an­schla­ges (Fo­to: Alex Schulz)

In den letz­ten Jah­ren fand nun vor be­sag­ter Haus­tür ei­ne Rei­he von Er­eig­nis­sen statt, de­ren vor­läu­fi­ger Hö­he­punkt der Brand­an­schlag auf das Au­to ei­nes Soh­nes mei­ner Nach­barn am 26.11. war. Die Für­ther Nach­rich­ten und so­gar die Süd­deut­sche als über­re­gio­na­le Zei­tung be­rich­te­ten.

Das En­ga­ge­ment der Fa­mi­lie legt ei­nen rechts­ra­di­ka­len Hin­ter­grund na­he. Wie ich er­fuhr, war am Wo­chen­en­de zu­vor von ent­spre­chen­der Sei­te ei­ne Dro­hung aus­ge­spro­chen wor­den, die aber of­fen ließ, was kon­kret pas­sie­ren wür­de. Nun weiß man, was ge­meint war.

Der Sohn mei­ner Nach­barn ist bei der An­ti­fa. Die­ses En­ga­ge­ment hat der Fa­mi­lie schon viel­fäl­ti­ge Ein­schüch­te­rungs­ver­su­che ein­ge­bracht. Was pas­sier­te in un­se­rem di­rek­ten Um­feld? Hier nur die Aus­wir­kun­gen, die je­der An­woh­ner auch oh­ne nä­he­res Nach­for­schen mit­be­kom­men konn­te:

Die Woh­nungs­tür un­se­rer Nach­barn wur­de mit­tels ei­ner Scha­blo­ne mit der Auf­schrift »watch your step« be­sprüht. Fo­tos da­zu fand ich da­mals auf ei­ner rechts­ra­di­ka­len In­ter­net­sei­te, als ich mich für das The­ma zu in­ter­es­sie­ren be­gann – zu die­ser noch spä­ter.

Es wur­den Bio­müll-Ton­nen vor un­se­rer Haus­tür aus­ge­kippt, mit ent­spre­chen­dem Hin­weis an die Fa­mi­lie.

Vor ei­ni­gen Jah­ren gab es ei­ne Pla­ka­tier­ak­ti­on in un­se­rer Um­ge­bung. DIN A4-Pla­ka­te mit dem Bild un­se­res Nach­bars und dem Schrift­zug »Glück ge­habt XXX« wa­ren auf die Haus­tü­ren in der Ja­ko­bi­nen­stra­ße ge­klebt.

Es gibt, wie ich da­mals er­fuhr, ei­ne Ge­gen­be­we­gung von Neo­na­zi­sei­te na­mens »An­ti-An­ti­fa«, wel­che ei­ne Web­site un­ter­hielt. Dar­auf konn­te man se­hen, wie je­mand die ent­spre­chen­de Scha­blo­ne an die Tür der Fa­mi­lie hielt, im Text war zu le­sen, wie sich die Tä­ter der Tat rühm­ten. Auf der glei­chen Sei­te wa­ren da­mals Fo­tos und die An­schrif­ten von jun­gen Leu­ten zu fin­den, die eben­falls Wi­der­sa­cher der Neo­na­zis hier sind. Mehr noch, es war bei­spiels­wei­se ei­ne Art »Leit­fa­den« für Rech­te zu fin­den, wie sich schlau­er­wei­se zu ver­hal­ten sei. Dort zu fin­den­de Rat­schlä­ge wa­ren et­wa: Kei­ne Glat­zen und Sprin­ger­stie­fel tra­gen. Sich ge­zielt in ten­den­zi­ell eher »lin­ke« Knei­pen z.B. in dem als »rot« be­zeich­ne­ten Go­sten­hof be­ge­ben, dort zu­hö­ren, mög­li­che Wi­der­sa­cher aus­kund­schaf­ten. Her­aus­fin­den, wo die­se woh­nen.

Wei­ter­hin wur­de die Ver­fol­gungs­jagd auf ei­nen jun­gen Mann spa­ni­scher Her­kunft be­schrie­ben, die da­mit ge­en­det ha­be, daß er sich noch in Si­cher­heit brin­gen konn­te – »dies­mal«. An­geb­lich fand die­se Hetz­jagd in Ober­as­bach statt.

Ich ha­be den Link zu die­ser Sei­te da­mals ans Lan­des­kri­mi­nal­amt ge­schickt, wo man mir ant­wor­te­te, ge­gen sol­che Sei­ten kön­ne man recht­lich oft nicht vor­ge­hen, da sie vom Aus­land aus be­trie­ben wür­den. Ei­ni­ge Zeit da­nach konn­te ich nicht mehr auf die­se Sei­te zu­grei­fen, sie hat­te wohl ih­re Adres­se ge­än­dert.

Sucht man Be­grif­fe wie An­ti-An­ti­fa im Netz, schlägt Goog­le so­gleich ver­wand­te Such­an­fra­gen bei der Bil­der­su­che wie »an­ti an­ti­fa shirt« oder »an­ti an­ti­fa lo­go« vor – so­weit ich weiß, ein Hin­weis dar­auf, wie häu­fig ent­spre­chen­de Be­grif­fe ge­sucht wer­den. Es ist nicht schwer, da­nach auf die Schnel­le »na­tio­na­le Pro­duk­te« vie­ler­lei Art zu fin­den. Wei­ter­hin gibt es Netz­wer­ke, in­ter­ne Sei­ten, die dem nicht ein­ge­weih­ten Nut­zer ver­schlos­sen blei­ben.

An den Er­mitt­lun­gen zum ak­tu­el­len Brand­an­schlag wur­de kri­ti­siert, die her­bei­ge­ru­fe­ne Po­li­zei ha­be zu­nächst nicht auf Hin­wei­se zu her­um­lie­gen­den Brand­be­schleu­ni­gern re­agiert. Nun, ich war nicht da­bei. Im­mer­hin hat die Für­ther Po­li­zei laut Für­ther Nach­rich­ten ei­ne »So­ko Ford« ins Le­ben ge­ru­fen.

Ak­tu­ell wur­de nun in Wei­ßen­burg ei­ne Mahn­wa­che von Geg­nern des sich lo­kal aus­brei­ten­den Rechts­extre­mis­mus’ mit Feu­er­werks­kör­pern be­schos­sen (sie­he NN-Ar­ti­kel: »Wei­ßen­burg: Feu­er­werks­kör­per flo­gen auf die Na­zi-Geg­ner«). An glei­cher Stel­le ließ sich auch Fol­gen­des le­sen: »Rechts­extre­mis­mus-For­scher be­ob­ach­ten, dass Neo­na­zis sich zu­neh­mend un­be­hel­ligt in Fran­ken tref­fen und vor al­lem mit Ju­gend­li­chen ver­net­zen. Sie gel­ten zum Teil als ge­walt­be­reit und ma­chen häu­fig mit Flug­blät­tern auf sich auf­merk­sam, wie jüngst in Lan­gen­zenn im Kreis Fürth. So­zi­al­wis­sen­schaft­le­rin Bir­git Mair aus Nürn­berg, die Schul­klas­sen über rechts­ra­di­ka­le Grup­pie­run­gen auf­klärt, spricht von neu­en Struk­tu­ren, die es den Neo­na­zis er­mög­li­chen, sich re­gel­mä­ßig zu tref­fen. Vor al­lem im länd­li­chen Raum.«

Wie wir an­ge­sichts der obi­gen Bei­spie­le se­hen, be­schrän­ken sich Neo­na­zis nicht aufs Land. Sie sind mit­ten un­ter uns.

Ein ak­tu­el­ler Nach­trag: Ge­ra­de ha­be ich noch den Link zu ei­ner Sei­te der »Bür­ger­initia­ti­ve So­zia­les Fürth«, kurz BSF [1], zu­ge­schickt be­kom­men, wel­che ei­ne Tarn­or­ga­ni­sa­ti­on des bay­ern­weit agie­ren­den Ka­me­rad­schafts­dach­ver­ban­des »Frei­es Netz Süd« sei. Die­se Zu­sam­men­hän­ge ken­ne ich nur vom Hö­ren-Sa­gen, kann sie al­so nicht ve­ri­fi­zie­ren. Ich ha­be mich auf die­ser Sei­te, auf der ein Ar­ti­kel über den Au­to­brand zu fin­den ist, um­ge­schaut. Dort wird un­ter an­de­rem die Par­al­le­le zu Au­to­brän­den in Ber­lin ge­zo­gen und zu­dem ein Ver­si­che­rungs­be­trug als nicht un­wahr­schein­lich be­schrie­ben.

Viel­sa­gend fand ich fol­gen­de Sät­ze, die ich Ih­nen nicht vor­ent­hal­ten möch­te, Zi­tat: »In Fürth ver­su­chen mi­li­tan­te lin­ke Krei­se ih­re Sym­pa­thi­san­ten, Pres­se und so­gar OB Dr. Jung den ak­tu­el­len Fall aber voll­kom­men an­ders dar­zu­stel­len. Da es sich bei dem be­trof­fe­nen PKW an­geb­lich um das Au­to ‘ei­nes en­ga­gier­ten An­ti­fa­schi­sten’ han­del­te, wer­den nun ei­ligst und oh­ne Be­wei­se so ge­nann­te ‘Neo­na­zis’ hin­ter der Tat ver­mu­tet. Die­se gan­ze Hy­ste­rie passt auch gut in den der­zeit vor­herr­schen­den Alar­mis­mus be­züg­lich ei­nes ver­meint­li­chen rech­ten Ter­rors.«

»Ver­meint­lich rech­ter Ter­ror«? Von 11 Mor­den wis­sen wir bis­her. Mor­de, nicht Wand­schmie­re­rei­en. Es ist sehr auf­schluß­reich, sich durch die Ar­ti­kel auf der In­ter­net­sei­te des BSF zu klicken. Ne­ben vie­lem an­de­ren fin­den sich auch An­grif­fe auf das Für­ther Jü­di­sche Mu­se­um. Bit­te ma­chen Sie sich selbst ein Bild.

 
[1] Aus Grün­den der Be­trei­ber­haf­tung wird hier kein di­rek­tes Link ge­setzt.

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12 Kommentare zu »Rechts au­ßen greift an«:

  1. Wich­tig ist mei­ner Mei­nung nach vor al­lem, dass sich al­le de­mo­kra­ti­schen Kräf­te ein­deu­tig po­si­tio­nie­ren und dies nicht als »Selbst­ver­ständ­lich­keit« ab­tun. Das soll hei­ßen, man kann auch als Mit­glied ei­ner eta­blier­ten Par­tei mal ge­gen rech­ten Ter­ror auf die Stra­ße ge­hen!

    Im­mer wie­der scha­de, wenn man auf den je­wei­li­gen De­mos ge­gen Neo­na­zi-Um­trie­be »nur« SDAJ, An­ti­fa­schi­sti­sche Lin­ke und co. sieht. De­ren En­ga­ge­ment ist zwar grund­sätz­lich gut, aber häu­fig we­nig ziel­ge­rich­tet und mit Vor­sicht zu ge­nie­ßen: Mit Pa­ro­len wie »Gebt den Na­zis die Stra­ße zu­rück, Stein für Stein!« wird zur Ge­walt auf­ge­ru­fen und über­haupt ist der Ka­pi­ta­lis­mus an al­lem Schuld...

    Ich fän­de gut, wenn hier al­le, die mit Po­li­tik auch nur ent­fernt was zu tun ha­ben, sich mal et­was Zeit in­ve­stie­ren für die­se wich­ti­ge Sa­che. Und we­ni­ger Zeit da­für, sich ge­gen­sei­tig zu be­har­ken. Mit an­de­ren Wor­ten: Mehr SPD, CSU, Grü­ne etc. auf die Stra­ße!

  2. Steffen Jung sagt:

    Hier der Link zu der »Bür­ger­initia­ti­ve«. Die dort ge­äu­ßer­ten An­sich­ten sind wirk­lich äu­ßerst grenz­wer­tig.

    *** Link ent­fernt aus Grün­den der Be­trei­ber­haf­tung ***

  3. Alex Schulz sagt:

    Von OB Tho­mas Jung ha­be ich neu­lich er­fah­ren, es gä­be be­reits ein Bünd­nis ge­gen Rechts der Städ­te und Ge­mein­den. Da­zu woll­te ich Nä­he­res wis­sen und frag­te noch­mals nach. Hier zu Eu­er al­ler In­fo die Ant­wort aus sei­nem Bü­ro:

    »Das an­ge­spro­che­ne Bünd­nis ist die ‘Al­li­anz ge­gen Rechts­extre­mis­mus in der Me­tro­pol­re­gi­on Nürn­berg’, der mitt­ler­wei­le zahl­rei­che Städ­te und Ge­mein­den in der Re­gi­on an­ge­hö­ren. Fürth zählt selbst­ver­ständ­lich auch da­zu. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie auf der Home­page der Stadt Nürn­berg.«

    Hier könnt Ihr Euch selbst wei­ter kun­dig ma­chen, wenn ge­wünscht.

    Des wei­te­ren:

    »Die vom OB be­reits an­ge­spro­che­ne Kund­ge­bung am Sams­tag, 10. De­zem­ber, 17 Uhr, in der Ade­nau­er-An­la­ge steht un­ter dem Mot­to der Al­li­anz ‘Frei von Furcht in Deutsch­land le­ben – kein Platz für Rechts­extre­mis­mus’ und soll ganz klar ver­deut­li­chen, dass sich die Stadt Fürth ge­gen je­de Art von Frem­den­feind­lich­keit, Ras­sis­mus, Ge­walt und Dis­kri­mi­nie­run­gen aus­spricht. Die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger sind hier­zu herz­lich ein­ge­la­den.«

    Kommt Ihr?

  4. Alex Schulz sagt:

    Ak­tu­ell: Der Sohn mei­ner Nach­barn ist, wie ich mitt­ler­wei­le weiß, nicht mehr bei der An­ti­fa, aber in­zwi­schen jour­na­li­stisch ak­tiv.

  5. Dep­pen gibt es über­all : So­wohl bei den »Lin­ken« als auch bei den »Rech­ten« . Seit­dem ich er­lebt ha­be, wie sich von vor­ne­her­ein ge­walt­be­rei­te Grup­pen bei De­mon­stra­tio­nen ge­gen Rechts sehr mas­siv ein­ge­klinkt ha­ben, neh­me ich an sol­chen De­mos nicht mehr teil – denn ich lass mich nicht be­nut­zen ...

    Das heißt aber nicht, dass ich un­so­li­da­risch wä­re: Die Al­li­anz ge­gen Rechts hat ein Spen­den­kon­to ein­ge­rich­tet, um un­ge­deck­te Schä­den, wel­che of­fen­sicht­lich von hirn­ver­brann­ten Neo-Na­zis an­ge­rich­tet wur­den, ab­zu­decken. Das fin­de ich in Ord­nung:

    Kon­to 11 466 422
    Stadt­spar­kas­se Nürn­berg
    BLZ 760 501 01

  6. Magnus Gertkemper sagt:

    Pres­se­spie­gel: »Neo­na­zis in Fran­ken« (Sueddeutsche.de)

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