Haus­halts­be­ra­tun­gen un­ter Spar­zwang

30. November 2010 | von | Kategorie: Politik

Heu­te wur­de der Haus­halt der Stadt Fürth für das Jahr 2011 ver­ab­schie­det – und wohl nie­mand kann mit dem Er­geb­nis zu­frie­den sein. Auf­la­gen der Be­zirks­re­gie­rung ha­ben den Stadt­rat ge­zwun­gen – un­ter An­dro­hung der Zwangs­ver­wal­tung – ein gro­ßes Streich­kon­zert auf­zu­füh­ren, dem vie­les zum Op­fer fällt.

Leerer die Kassen nie klingelten... (Foto: Ralph Stenzel)

Lee­rer die Kas­sen nie klin­gel­ten... (Fo­to: Ralph Sten­zel)

Die Ein­zel­punk­te auf­zu­zäh­len wä­re mü­ßig, nur ein paar Stich­punk­te sol­len hier ge­nannt wer­den: Das Spiel­mo­bil wird ein- und ab­ge­stellt, ei­ni­ge städ­ti­sche An­ge­stell­te wer­den ei­nen Lohn be­kom­men, der zum Auf­stocken zwingt, an­de­re Stel­len wer­den ge­stri­chen – Kund­schaft für die Ar­ge. Es stinkt zum Him­mel, und zwar nicht nur die Stadt­park­wei­her, die wohl end­gül­tig um­kip­pen und zu Park-Kloa­ken ver­kom­men wer­den...

War­um Fürth, ei­ne der we­ni­gen Städ­te, die je­des Jahr ei­nen Be­völ­ke­rungs­zu­wachs zu ver­zeich­nen hat, auch je­des Jahr we­ni­ger Geld zur Ver­fü­gung hat, um die­ser Be­völ­ke­rung ge­recht zu wer­den – um Kin­der­gär­ten und Schu­len zu er­neu­ern, um öf­fent­li­che Plät­ze zu ge­stal­ten und zu pfle­gen, um end­lich die Flur­bet­ten im Kran­ken­haus ab­schaf­fen zu kön­nen und vie­les mehr – ist ein Rät­sel. Denn es wur­de kei­nes­wegs ein­sei­tig ge­spart, kei­ne Par­tei hat ihr Kli­en­tel be­dient, nicht ein­mal die Spiel­ver­ei­ni­gung, sonst ein Lieb­lings­kind al­ler Frak­tio­nen, wur­de ver­schont.

Die Spre­che­rin der Grü­nen, Bri­git­te Dittrich, hat es in ei­ner mit spür­ba­rem Zorn ge­schrie­be­nen Haus­halts­re­de auf den Punkt ge­bracht: Die­se Mi­se­re ist nie­man­dem in der Stadt selbst an­zu­la­sten, we­der der Ver­wal­tung, noch dem Stadt­rat. Es gab seit dem Bau der un­se­li­gen U‑Bahn kei­ne Fehl­ent­schei­dung in ei­ner Grö­ßen­ord­nung, die hier Ur­sa­che sein könn­te, es wur­den, ganz im Ge­gen­teil, vie­le po­si­ti­ve Ent­wick­lun­gen be­gon­nen – oh­ne, dass sich ei­ne Bes­se­rung ein­ge­stellt hät­te. Im Ge­gen­teil, be­gan­nen die Spar­auf­la­gen vor sie­ben Jah­ren noch mit (im Ver­gleich zu heu­te) mo­de­ra­ten Be­trä­gen, so stei­ger­ten sie sich von Jahr zu Jahr – bis heu­er die fünf­und­zwan­zig Mil­lio­nen er­reicht wur­den.

Ein­nah­me­ver­lu­ste und stei­gen­de Aus­ga­ben für Pflicht­auf­ga­ben füh­ren da­zu, dass viel lieb­ge­won­ne­ne – und zum Teil bit­ter not­wen­di­ge! – »Ex­tras« aus den frei­wil­li­gen Lei­stun­gen ge­stri­chen wer­den müs­sen – es ist nicht ein­mal er­laubt, für ei­ni­ge die­ser Ex­tras Kre­di­te auf­zu­neh­men. Dass man­gel­haf­te Be­treu­ung der Kin­der und feh­len­de Ju­gend­ar­beit wie­der­um Ko­sten in der Zu­kunft er­zeugt – von an­de­ren Schä­den ein­mal ab­ge­se­hen – ist im In­ter­es­se ei­nes »aus­ge­gli­che­nen Haus­halts« nicht von Be­lang.

Dittrich be­merk­te sehr rich­tig, dass es of­fen­bar ein Feh­ler war, in der Stadt mit Sorg­falt zu ar­bei­ten – denn je­de Bank, die durch Dumm­hei­ten des Ma­nage­ments be­reits rui­niert war, wur­de in den letz­ten Jah­ren ge­ret­tet, die De­fi­zi­te dem Steu­er­zah­ler über­tra­gen – und die Ma­na­ger­ge­häl­ter in den Ban­ken wur­den auf je ei­ne hal­be Mil­li­on Eu­ro be­grenzt. Zum Aus­gleich be­ka­men die »ar­men« Leu­te we­nig­stens sat­te Bo­ni, ei­ne Miss­erfolgs­prä­mie, so­zu­sa­gen.

Die For­de­rung, die Kom­mu­nen eben­so wie die Ban­ken zu ret­ten, ist fol­ge­rich­tig – wenn auch, man­gels Miss­ma­nage­ments, we­nig aus­sichts­reich. Zu­dem ist Fürth nicht da­zu im­stan­de, das Ge­halt des Ober­bür­ger­mei­sters auf ei­ne hal­be Mil­li­on zu re­du­zie­ren (ob­wohl Dr. Jung in die­sem Punkt wohl kaum Ein­wän­de er­he­ben wür­de)...

Die Grü­nen for­der­ten – ne­ben ei­ni­gen Mar­gi­na­li­en – dass der Stadt­rat ei­ne »Er­klä­rung zur Haus­halts­la­ge der Städ­te und Ge­mein­den« ver­ab­schie­den soll­te, und leg­ten ei­nen ent­spre­chen­den Ent­wurf vor. Kaum ver­wun­der­lich ist, dass die­ser An­trag in die näch­ste Stadt­rats­sit­zung ver­wie­sen (und die Mehr­zahl der üb­ri­gen An­trä­ge ab­ge­lehnt) wur­de.

Kern­punk­te der Für­ther Er­klä­rung sind: Die Ent­schul­dung der Kom­mu­nen, Neu­ord­nung der Ge­mein­de­fi­nan­zie­rung un­ab­hän­gig von der wirt­schaft­li­chen Lei­stungs­fä­hig­keit der Ein­woh­ner und an­säs­si­ger Be­trie­be, so­wie die Über­nah­me al­ler Ko­sten durch die Stel­len, die die­se Ko­sten ver­ur­sa­chen – al­so Land, Bund und EU.

Der voll­stän­di­ge Text der Für­ther Er­klä­rung ist dort zu fin­den, wo auch die voll­stän­di­ge Haus­halts­re­de der Grü­nen ein­ge­stellt ist – in der of­fi­zi­el­len Stadt­zei­tung wer­den aus Er­spar­nis­grün­den die Haus­halts­re­den zen­siert in ver­kürz­ter Form, oder, im Fal­le der Ein­zel­stadt­rä­te, gar nicht ab­ge­druckt.

Ob Haus­halts­vor­ga­ben, die letz­ten En­des Grund­rech­te (hier: das Recht auf In­for­ma­ti­on) ein­schrän­ken, ver­fas­sungs­kon­form sind, sei da­hin­ge­stellt. Bleibt an­zu­mer­ken, dass die Lan­des- und Be­zirks­re­gie­rung kei­ne Mü­he scheut (aber we­nig­stens kei­ne Ko­sten ver­ur­sacht), um die Po­li­tik­ver­dros­sen­heit nach Kräf­ten zu för­dern. Je­den­falls die mei­ne.

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3 Kommentare zu »Haus­halts­be­ra­tun­gen un­ter Spar­zwang«:

  1. Michael A. sagt:

    Si­cher: ei­ni­ge (Banken-)Manager ha­ben in den letz­ten Jah­ren (und auch heu­te noch) ver­ant­wor­tungs­los ge­han­delt.

    Aber: wie ver­ant­wor­tungs­voll han­deln Po­li­ti­ker, die an­ge­sichts die­ser mi­se­ra­blen La­ge be­haup­ten »Nie­mand sein schuld«? (An­de­rer­seits schiebt sie die Schuld ja sehr Kli­schee­haft auf »gie­ri­ge Ma­na­ger«...)

    Wenn ich mir die Schwer­punk­te, Aus­schüs­se etc von Frau Dittrich an­se­he, fällt mir auf, dass das In­ter­es­se für wirt­schaft­li­che Be­lan­ge wohl nicht be­son­ders aus­ge­reift ist. Ich per­sön­lich wun­de­re mich nicht, dass nach den Hi­obs­bot­schaf­ten, die un­se­re Stadt im letz­ten Jahr­zehnt hin­neh­men muss­te, es nun in al­len Ecken kracht.

    Sehr in­ter­es­sant fand ich in die­sem Zu­sam­men­hang ei­nen Ar­ti­kel auf die­ser Sei­te, in­dem dar­ge­stellt wird, dass in Fürth auf 1000 Ein­woh­ner nur 329 Ar­beits­plät­ze kom­men. (»Die de­mo­gra­fi­sche Ent­wick­lung (und die fal­schen Schluss­folgerungen der Stadt Fürth)«). Das ist DAS gra­vie­ren­de Pro­blem un­se­rer Stadt.

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