Fürth blüht auf!

19. April 2011 | von | Kategorie: Umwelt

Zu Zei­ten klam­mer städ­ti­scher Fi­nan­zen scheint es, dass auch die Grün­flä­chen – ab­ge­se­hen von Aus­hän­ge­schil­dern in der In­nen­stadt und dem Stadt­park – ih­ren Teil zum Spar­pro­gramm in Fürth bei­tra­gen müs­sen. Lang­sam aber si­cher ent­steht ei­ne Ge­gen­be­we­gung: Sie nimmt die Gärt­ne­rei selbst in die Hand.

subversiver Aufruf zur Stadtverschönerung (Foto: Ralph Stenzel)

sub­ver­si­ver Auf­ruf zur Stadt­ver­schö­ne­rung (Fo­to: Ralph Sten­zel)

Ob­wohl sie noch recht jung war, fri­ste­te ei­ne Baum­in­sel in der Süd­stadt ein jäm­mer­li­ches Da­sein – als Zu­hau­se ei­ni­ger ver­küm­mer­ter Ro­sen­bü­sche, als Bau­schutt-De­po­nie und vor al­lem als Ab­la­de­platz für zer­bro­che­ne Schnaps­fla­schen, Zi­ga­ret­ten­kip­pen und vie­les mehr. Das woll­ten Isa (24) und Karl (23) nicht län­ger mit an­se­hen. Die bei­den wol­len mit ih­ren wirk­li­chen Na­men nicht ge­nannt wer­den, denn was sie tun, ist nicht le­gal, zu­min­dest nicht hun­dert­pro­zen­tig: Sie ha­ben sich die­ser In­sel nun an­ge­nom­men.

An ei­nem son­ni­gen Wo­chen­en­de schaff­ten sie den Müll bei­sei­te, die Er­de gru­ben sie um und was von den Ro­sen­bü­schen üb­rig ge­blie­ben war, wur­de in die Mit­te der Baum­in­sel ver­setzt. Am Rand ha­ben sie Mar­ge­ri­ten und Mi­mo­sen ge­pflanzt, da­ne­ben Sonnen‑, Mohn- und Korn­blu­men ge­sät und ei­ni­ge hei­mi­sche Grä­ser­sor­ten. »Seit­dem gie­ße ich je­den Tag«, meint Karl, »hof­fent­lich kommt was«. An­de­re bau­en auch Ge­mü­se an, aber die bei­den wol­len nun erst­mal den Ver­such mit Zier­pflan­zen star­ten und ab­war­ten, was pas­siert.

 
»Da könnt ihr gleich vor mei­ner Haus­tür wei­ter­ma­chen«

mit Blumen gegen Blechästhetik (Foto: Ralph Stenzel)

mit Blu­men ge­gen Blech­äs­the­tik (Fo­to: Ralph Sten­zel)

Gue­ril­la Gar­dening nen­nen vie­le die­sen Trend, der in Groß­städ­ten rund um die Welt ge­deiht, nach­dem er einst als po­li­ti­sche Pro­test­ak­ti­on be­gann. Aber der Be­griff ge­fällt den bei­den nicht. »Gue­ril­la heißt ja Klein­krieg, das passt über­haupt nicht«, fin­det Isa. Wenn es denn schon ein Be­griff sein müs­se, dann sei Ur­ban Gar­dening tref­fen­der. Tat­säch­lich ha­be das Pflan­zen im öf­fent­li­chen Raum we­nig mit Krieg zu tun, die Rück­mel­dun­gen sei­en durch­weg po­si­tiv ge­we­sen. Ei­ne äl­te­re Da­me mein­te: »Da könnt ihr gleich vor mei­ner Haus­tür wei­ter­ma­chen«, ei­ne an­de­re Pas­san­tin fand ein­fach: »Das ist aber lieb, dan­ke!«

Dass Ur­ban Gar­dening hier­zu­lan­de meist nicht er­laubt ist, hängt wohl mit der Ver­kehrs­si­cher­heit zu­sam­men. Wo­bei die be­sag­te Baum­in­sel in der Si­mon­stra­ße oh­ne Pro­ble­me vom Geh­steig aus be­wirt­schaf­tet wer­den kann und Au­tos dort oh­ne­hin nur Tem­po 30 fah­ren dürf(t)en.

 
Ver­ab­re­dung über so­zia­le Netz­wer­ke

traditionelle Fürther Straßenrandbegrünung (Foto: Ralph Stenzel)

tra­di­tio­nel­le Für­ther Stra­ßen­rand­be­grü­nung
(Fo­to: Ralph Sten­zel)

In Ber­lin, wo die Be­we­gung schon wei­ter ist und sich die Hob­by­pflan­ze­rIn­nen über Face­book ver­ab­re­den, hat die Po­li­tik mitt­ler­wei­le ver­kün­det, nicht ge­gen die Ver­schö­nungs­ak­tio­nen vor­zu­ge­hen. In Es­sen wirbt die Stadt so­gar ak­tiv In­ter­es­sier­te für die Pfle­ge ih­rer Grün­flä­chen an. Auch hier in Fürth soll es am letz­ten Frei­tag, dem in­ter­na­tio­nal über so­zia­le Netz­wer­ke aus­ge­ru­fe­nen »Sun­flower Gue­ril­la Day«, ei­ni­ge Ak­tio­nen ge­ge­ben ha­ben. Die Mo­na­te April und Mai sind für Ur­ban Gar­dening na­tur­ge­mäß die Hoch­sai­son, in Fürth bleibt das Wet­ter erst mal gut und es gibt un­zäh­li­ge Mög­lich­kei­ten. Viel­leicht wa­gen sich Isa und Karl bald an Ci­ty-Gur­ken oder ur­ba­ne Pe­pe­ro­ni. Es bleibt ab­zu­war­ten, ob und wie sich die Stadt Fürth po­si­tio­niert.

Doch ei­gent­lich gibt es kei­nen trif­ti­gen Grund, ge­gen die frei­wil­li­gen Be­grü­nungs­ein­sät­ze vor­zu­ge­hen: Isa und Karl kön­nen so auch in der Stadt ih­rer Lei­den­schaft fürs Gärt­nern fröh­nen, die Nach­barn freu­en sich bald über ei­ne blü­hen­de Stra­ße und die Für­ther In­sek­ten über ei­ne neue, bun­te An­flug­sta­ti­on. In die­sem Sin­ne: Auf geht’s!* Schre­ber­gar­ten war ge­stern – es le­be die Baum­in­sel!

 
*Dies soll kei­nes­wegs ein Auf­ruf zu mög­li­cher­wei­se il­le­ga­len Hand­lun­gen sein :-) Der Au­tor ruft da­zu auf, sich vor­her zu er­kun­di­gen, wo das Pflan­zen zu­läs­sig ist.

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7 Kommentare zu »Fürth blüht auf!«:

  1. Philipp Steffen sagt:

    Dan­ke an Ralph für die tol­len Fo­tos!

  2. Aber bit­te, gern ge­sche­hen, die Mo­ti­ve la­gen ja di­rekt an mei­nem täg­li­chen Weg nach Hau­se! Zu­dem bin ich ge­ra­de in Übung, auch im ei­ge­nen Blog wer­fe ich die­ser Ta­ge mit Schnapp­schüs­sen nur so um mich...

  3. Pres­se­spie­gel: »The­ma: Ur­ban Gar­dening« (ZEIT ONLINE)

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