Soll und Ha­ben

5. September 2013 | von | Kategorie: Häuserkampf

Im Brennpunkt des »Häuserkampfes«: die R-B-S (Foto: Ralph Stenzel)

Die Bür­ger­initia­ti­ve »Ei­ne bes­se­re Mit­te für Fürth« er­klärt ih­re Ar­beit für be­en­det und zieht Bi­lanz.

Die Bür­ger­initia­ti­ve »Ei­ne bes­se­re Mit­te für Fürth« hat bis zum letz­ten Mo­ment nichts un­ver­sucht ge­las­sen, um den Ab­riss des Fest­saals des ehe­ma­li­gen Park-Ho­tels zu ver­hin­dern. Seit heu­te hilft auch kein Wun­der mehr. Das be­deu­ten­de Bau­denk­mal ist bald nur noch ein Hau­fen Schutt. Die­se schmerz­li­che Nie­der­la­ge darf nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass die Bür­ger­initia­ti­ve seit ih­rer Grün­dung im De­zem­ber 2008 sehr viel er­reicht hat.

 
Ret­tung des öf­fent­li­chen Raums

Die Bür­ger­initia­ti­ve for­mier­te sich En­de 2008, als Plä­ne des por­tu­gie­si­schen In­ve­stors So­nae Si­er­ra be­kannt wur­den, Tei­le der Ru­dolf-Breit­scheid- und Hall­stra­ße in ein über­di­men­sio­nier­tes Ein­kaufs­zen­trum ein­zu­be­zie­hen. Es war vor al­lem die dro­hen­de Pri­va­ti­sie­rung von öf­fent­li­chem Raum, die da­mals em­pör­te Bür­ge­rin­nen und Bür­ger auf die Bar­ri­ka­den trieb. Ent­spre­chend lau­te­te die er­ste For­de­rung ei­ner bis zu­letzt ver­bind­li­chen 8‑­Punk­te-Agen­da: »Die Ru­dolf-Breit­scheid-Stra­ße und die Hall­stra­ße müs­sen öf­fent­li­cher und de­mo­kra­ti­scher Raum blei­ben.«

Beim zwei­ten An­lauf, im be­tref­fen­den Ge­biet ein Ein­kaufs­zen­trum zu schaf­fen, wur­de der öf­fent­li­che Raum von der Kom­mu­ne nicht mehr zur Dis­po­si­ti­on ge­stellt. Dies ist ein we­sent­li­ches Ver­dienst der Bür­ger­initia­ti­ve. Hier hat ein Lern­pro­zess statt­ge­fun­den, der maß­geb­lich von der Bür­ger­initia­ti­ve an­ge­sto­ßen wur­de. Da­bei er­wies sich ein Bür­ger­be­geh­ren, das am 16. Mai 2009 an­ge­strengt wor­den war und von rund 3.100 Bür­ge­rin­nen und Bür­gern un­ter­zeich­net wur­de, als macht­vol­les po­li­ti­sches In­stru­ment. Zum Bür­ger­ent­scheid kam es nicht mehr, da am En­de die Wei­ge­rung ei­nes Haus­be­sit­zers, sein Ei­gen­tum zu ver­äu­ßern, den Aus­schlag für den Rück­zug von So­nae Si­er­ra gab.

 
Kei­ne aut­ar­ke Shop­ping-Mall

Auch in ei­nem zwei­ten maß­geb­li­chen Punkt hat die Stadt hin­zu­ge­lernt: Von An­fang an ar­gu­men­tier­te die Bür­ger­initia­ti­ve, dass ein Ein­kaufs­zen­trum mit 25.000 Qua­drat­me­ter Ein­kaufs­flä­che zu groß sei und den be­stehen­den Ein­zel­han­del in der Für­ther In­nen­stadt in sei­ner Exi­stenz be­dro­he. Statt ei­ner aut­ar­ken, sich nach au­ßen hin ab­schot­ten­den Shop­ping-Mall pro­pa­gier­te die Bür­ger­initia­ti­ve die se­pa­ra­te Ent­wick­lung der ver­schie­de­nen Area­le bei­der­seits der Ru­dolf-Breit­scheid-Stra­ße.

Als die Stadt nach dem Rück­zug von So­nae Si­er­ra ei­nen neu­en In­ve­stor such­te, wur­de der Rat­schlag der Bür­ger­initia­ti­ve be­folgt und die Ein­kaufs­flä­che auf 15.000 Qua­drat­me­ter be­grenzt, was von al­len Ex­per­ten als in­nen­stadt­ver­träg­lich er­ach­tet wird. Statt ei­ner ge­schlos­se­nen Mall wur­de nun ein of­fe­nes Ge­schäfts­haus­mo­dell prä­fe­riert, das auch im Hin­blick auf ei­nen even­tu­el­len Rück­bau Vor­tei­le bie­tet.

 
Er­halt der Stadt­struk­tur

Das Ab­ge­hen von der Me­ga­struk­tur ei­nes un­pro­por­tio­nier­ten Ein­kaufs­ko­los­ses, der die ge­wach­se­ne hi­sto­ri­sche Stadt­ge­stalt miss­ach­tet hät­te, brach­te auch die Chan­ce mit sich, die für Fürths Stadt­bild prä­gen­de ge­schlos­se­ne Block­bau­wei­se auf­zu­neh­men. Dass dies nun mit ei­ner al­len­falls durch­schnitt­li­chen Ar­chi­tek­tur pas­siert, wiegt an­ge­sichts der Si­che­rung der städ­te­bau­li­chen Struk­tur we­ni­ger schwer. Die Bür­ger­initia­ti­ve war zwar an der Ent­schei­dung für das Bü­ro Weis & Volk­mann be­tei­ligt, doch ent­spra­chen we­der der Kreis der zum Work­shop­ver­fah­ren ein­ge­la­de­nen Ar­chi­tek­tur­bü­ros noch die Zu­sam­men­set­zung der Ju­ry den Vor­stel­lun­gen der Bür­ger­initia­ti­ve. Weis & Volk­mann wur­den als das klein­ste Übel ge­wählt. Ent­ge­gen der Dar­stel­lung des In­ve­stors bleibt der ty­po­lo­gi­sche Be­zug auf die hi­sto­ri­sche bür­ger­li­che Ar­chi­tek­tur der In­nen­stadt ei­ne äs­the­tisch nicht nach­voll­zieh­ba­re Be­haup­tung. Dar­über hin­aus soll hier je­doch kei­ne Fas­sa­den­dis­kus­si­on ge­führt wer­den.

 
Die Kri­se der Denk­mal­stadt

Dass Stadt­spit­ze und ‑ver­wal­tung je­dem In­ve­stor mit gro­ßen Zu­ge­ständ­nis­sen in Sa­chen Denk­mal­schutz be­reit­wil­lig ent­ge­gen­kom­men wür­den, hat­te sich be­reits ge­zeigt, als der Hin­weis auf die zwin­gen­de Be­ach­tung des Denk­mal­schut­zes an­geb­lich ver­se­hent­lich aus den Wett­be­werbs­un­ter­la­gen des In­ve­sto­ren­aus­wahl­ver­fah­rens ver­schwun­den war. Erst auf Drän­gen der Bür­ger­initia­ti­ve und nach ei­nem An­trag der Grü­nen im Stadt­rat wur­de die­ser ent­schei­den­de Pas­sus wie­der auf­ge­nom­men: Ein Er­folg, der lei­der oh­ne Fol­gen blei­ben soll­te. Die Ver­tre­ter der Stadt ha­ben die Ein­hal­tung des Denk­mal­schut­zes im In­ve­sto­ren­aus­wahl­ver­fah­ren of­fen­bar nicht mit Nach­druck ein­ge­for­dert.

MIB, dem neu­en In­ve­stor, eil­te auf dem Ge­biet des Denk­mal­schut­zes ein gu­ter Ruf vor­aus. Der Ma­ster­plan des Bü­ros Dun­net­Cra­ven, Lon­don, der die Ku­ba­tur hi­sto­ri­sie­rend ein­klei­de­te, ließ Hoff­nun­gen auf ei­nen be­son­ders sen­si­blen Um­gang mit den Bau­denk­mä­lern kei­men. Ein flott ge­zeich­ne­ter Quer­schnitt auf der Web­site des Bü­ros Dun­net­Cra­ven zeigt bis heu­te, dass ur­sprüng­lich der Fest­saal als be­deu­ten­des Ein­zel­denk­mal ein­be­zo­gen wer­den soll­te. Auch die MIB-Be­wer­bungs­un­ter­la­gen vom 1. Ju­li 2011 be­le­gen dies. Aus­drück­lich hat MIB zwar nie den Er­halt des Fest­saals ver­spro­chen, doch stell­te der Pro­jekt­ent­wick­ler ei­ne Prü­fung in Aus­sicht. Er­war­tungs­ge­mäß ge­lang­te die­se zu dem Er­geb­nis, dass ein Er­halt des Fest­saals aus wirt­schaft­li­chen und bau­tech­ni­schen Grün­den nicht in Be­tracht ge­zo­gen wer­den kön­ne.

Im­mer wie­der wird der Bür­ger­initia­ti­ve vor­ge­hal­ten, sich im Wis­sen um die­sen Sach­ver­halt im In­ve­sto­ren­aus­wahl­ver­fah­ren für MIB aus­ge­spro­chen zu ha­ben. Tat­säch­lich wur­de MIB von der Bür­ger­initia­ti­ve aus ver­schie­de­nen Grün­den fa­vo­ri­siert. Ein aus­drück­li­ches Be­kennt­nis zum Er­halt des denk­mal­ge­schütz­ten Saals schien an­ge­sichts der Vor­ga­be, dass der Denk­mal­schutz zwin­gend zu be­ach­ten sei, nicht zu­sätz­lich not­wen­dig. Der vor­aus­ei­len­de Ge­hor­sam der Stadt­ver­wal­tung mach­te es MIB je­doch sehr ein­fach, die­se Wett­be­werbs­be­din­gung au­ßer Acht zu las­sen. We­der der Ober­bür­ger­mei­ster noch der Bau­re­fe­rent und Ver­tre­ter der Un­te­ren Denk­mal­schutz­be­hör­de mach­ten sich stark für den Denk­mal­schutz. Sie nann­ten die De­bat­te um den Denk­mal­schutz gar »über­flüs­sig«. Zu groß war die Angst, der neue In­ve­stor kön­ne wie­der ab­sprin­gen. Die Bür­ger­initia­ti­ve stand in der »Denk­mal­stadt« plötz­lich al­lei­ne mit ih­rer For­de­rung da, dem Denk­mal­schutz Be­ach­tung zu schen­ken.

Egal, was die Bür­ger­initia­ti­ve un­ter­nahm, im­mer lan­de­te sie mit ih­ren Be­mü­hun­gen, den Saal zu ret­ten, in ei­nem Ber­mu­da­drei­eck zwi­schen Fürth, Ans­bach und Mün­chen. Beim Hin und Her zwi­schen der skru­pel­los agie­ren­den Stadt­ver­wal­tung, der pas­si­ven Re­gie­rung von Mit­tel­fran­ken, dem of­fen­sicht­lich macht­lo­sen Lan­des­denk­mal­amt, dem oh­ne­hin nur kon­sul­ta­ti­ven Lan­des­denk­mal­rat und dem Pe­ti­ti­ons­aus­schuss des Land­tags, in den der lan­ge Arm der al­lein re­gie­ren­den Für­ther So­zi­al­de­mo­kra­tie hin­ein­reicht, blieb der Denk­mal­schutz auf der Strecke. Der Kampf ge­gen den Ab­riss des Fest­saals ent­wickel­te sich zu ei­nem Pa­ra­de­bei­spiel da­für, auf welch tö­ner­nen Fü­ßen der Denk­mal­schutz in Bay­ern steht.

Es be­ginnt mit dem Ge­burts­feh­ler des Denk­mal­schut­zes schlecht­hin, dass näm­lich der Bau­re­fe­rent gleich­zei­tig den Ver­tre­ter der Un­te­ren Denk­mal­schutz­be­hör­de zu spie­len hat. Ei­ne un­se­li­ge Per­so­nal­uni­on, die zwangs­läu­fig zu Rol­len­kon­flik­ten füh­ren muss. Wenn sich dann auch noch das schein­bar so mäch­ti­ge Lan­des­denk­mal­amt als zahn­lo­ser Ti­ger ent­puppt, klingt es wie Hohn, dass der Denk­mal­schutz in Bay­ern Ver­fas­sungs­rang ge­nießt! Nicht un­mit­tel­bar be­trof­fe­ne, d. h. ab­seits des ent­ste­hen­den »Ein­kaufs­schwer­punkts« woh­nen­de Bür­ger kön­nen noch nicht ein­mal zu ju­ri­sti­schen Mit­teln grei­fen, um ihr Recht auf Ein­spruch ge­gen die Selbst­ver­stüm­me­lung der »Denk­mal­stadt« Fürth wahr­zu­neh­men. Ge­gen die be­reits wäh­rend des Be­bau­ungs­plan­ver­fah­rens er­teil­te Ab­riss­ge­neh­mi­gung kann nicht ge­klagt wer­den. Da der Be­bau­ungs­plan den Ab­riss des Fest­saals nicht fest­legt, kann auch er dies­be­züg­lich ju­ri­stisch nicht an­ge­grif­fen wer­den. Je­de Kla­ge lie­fe ins Lee­re ei­ner Ge­set­zes­lücke, die von der Stadt in scham­lo­ser Wei­se ge­nutzt wird, um ja al­len Wün­schen des Er­rich­ters der »Neu­en Mit­te« zu ent­spre­chen.

MIB schnei­det sich mit dem Ab­riss des Fest­saals ins ei­ge­ne Fleisch. Die Bür­ger­initia­ti­ve ist der fe­sten Über­zeu­gung, dass die Ein­be­zie­hung des hi­sto­ri­schen Saals ein Al­lein­stel­lungs­merk­mal für das neue Ein­kaufs­zen­trum be­deu­tet hät­te. Stadt und In­ve­stor ha­ben oh­ne Not ei­ne gro­ße Chan­ce ver­ge­ben! Was al­ter­na­tiv mög­lich ge­we­sen wä­re, hat ein Mit­be­wer­ber von MIB in Ent­wür­fen vor­ge­führt.

 
Den­ken in Zu­sam­men­hän­gen

Auch wenn sich die Ak­ti­vi­tä­ten in der End­pha­se zwangs­läu­fig auf den Denk­mal­schutz kon­zen­trier­ten, hat die Bür­ger­initia­ti­ve das Pro­jekt ei­nes Ein­kaufs­zen­trums in der Ru­dolf-Breit­scheid-Stra­ße im­mer in al­len Di­men­sio­nen und Zu­sam­men­hän­gen the­ma­ti­siert und pro­ble­ma­ti­siert. Das dar­nie­der­lie­gen­de Ci­ty-Cen­ter nahm des­halb ei­nen wich­ti­gen Platz in der Ar­gu­men­ta­ti­on der Bür­ger­initia­ti­ve ein. Die For­de­rung, für be­stehen­de und neue Ver­kaufs­flä­chen ei­ne in­te­grier­te Lö­sung und ein Ein­zel­han­dels­kon­zept zu ent­wickeln, fand bei den zu­stän­di­gen Stel­len in­des kein Ge­hör. In zahl­rei­chen öf­fent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen und Do­ku­men­ta­tio­nen in­for­mier­te die Bür­ger­initia­ti­ve nicht nur über das en­ge­re The­ma »Ein­kaufs­zen­tren«, son­dern auch über in­ner­städ­ti­schen Ein­zel­han­del, Wirt­schaft und Kauf­kraft in Fürth, über die Ge­schich­te des Ci­ty-Cen­ters so­wie über Denk­mal­schutz und Ar­chi­tek­tur. Die Bür­ger­initia­ti­ve füll­te so das In­for­ma­ti­ons­va­ku­um in Fürth, das durch das Feh­len ei­ner lang­fri­sti­gen und nach­hal­ti­gen Stadt­ent­wick­lung ent­stand, und über­nahm da­mit Auf­ga­ben, die ei­gent­lich Pflich­ten der Po­li­tik ge­we­sen wä­ren.

Wie zu­fäl­lig und wi­der­sprüch­lich sich Fürths Stadt­ent­wick­lung ge­stal­tet, da­für lie­fert die An­sied­lung von Mö­bel Höff­ner in Fürths Nor­den ein gu­tes Bei­spiel. Die­se Ent­schei­dung ist so gar nicht ver­ein­bar mit der ge­bets­müh­len­ar­tig vor­ge­tra­ge­nen For­de­rung ei­ner Auf­wer­tung des in­ner­städ­ti­schen Ein­zel­han­dels, da al­lein das in­nen­stadt­re­le­van­te Han­dels­seg­ment des Mö­bel­rie­sen so viel Ver­kaufs­flä­che in An­spruch neh­men wird, wie der neue Ein­kaufs­schwer­punkt in der Ru­dolf-Breit­scheid-Stra­ße ins­ge­samt an Ver­kaufs­flä­che be­sitzt. Die­sen Skan­dal nicht lau­ter an­ge­pran­gert zu ha­ben, muss sich die Bür­ger­initia­ti­ve rück­blickend selbst vor­wer­fen. Auch an­de­re The­men konn­ten auf­grund be­grenz­ter Ka­pa­zi­tä­ten an Ar­beits­kraft und Zeit nicht auf­ge­grif­fen wer­den, z. B. die neue Re­ge­lung der Stell­platz­ab­lö­se, von der MIB ge­ra­de da­durch fi­nan­zi­ell pro­fi­tie­ren wird, dass das Un­ter­neh­men sein Ver­spre­chen brach, die Zahl der Stell­plät­ze ge­ring zu hal­ten.

 
Kon­struk­ti­ver Dia­log

Der Bür­ger­initia­ti­ve ging es von An­fang an um ei­nen kon­struk­ti­ven Dia­log mit den Ver­ant­wort­li­chen der Stadt. In man­chen Pha­sen kam es so­gar zu ei­ner in­sti­tu­tio­na­li­sier­ten Zu­sam­men­ar­beit. Es sei an die For­mu­lie­rung der Un­ter­la­gen für das In­ve­sto­ren­aus­wahl­ver­fah­ren so­wie die Teil­nah­me im be­glei­ten­den Pro­jekt­bei­rat und die Mit­ar­beit im Ar­chi­tek­ten­work­shop er­in­nert. Die­se Form der Bür­ger­be­tei­li­gung ver­dient An­er­ken­nung und soll­te als aus­bau­fä­hi­ges Mo­dell für zu­künf­ti­ge Ent­schei­dungs­pro­zes­se von gro­ßer öf­fent­li­cher Re­le­vanz in Er­in­ne­rung be­hal­ten wer­den.

Dass die Ver­tre­ter der Bür­ger­initia­ti­ve bei An­dro­hung ho­her Straf­gel­der zum Schwei­gen über die Ver­hand­lun­gen an­ge­hal­ten wa­ren, mag wett­be­werbs­recht­lich nach­voll­zieh­bar sein, setz­te je­doch der Trans­pa­renz der Ver­fah­ren eben­so en­ge Gren­zen wie der de­mo­kra­ti­schen Teil­ha­be. An ent­schei­den­den Punk­ten des Ver­fah­rens schenk­ten die Stadt und der In­ve­stor den en­ga­gier­ten Bür­ge­rin­nen und Bür­gern gar kein Ge­hör.

Be­son­ders schmerz­lich war, dass die Vor­schlä­ge der Bür­ger­initia­ti­ve für das Teil­neh­mer­feld des Ar­chi­tek­ten­wett­be­werbs und für die Zu­sam­men­set­zung der Ju­ry kei­ne Be­ach­tung fan­den. Mit der Zu­spit­zung der Aus­ein­an­der­set­zung um den Er­halt des Fest­saals ging ein be­dau­er­li­cher Ver­lust an Dia­log­be­reit­schaft von Sei­ten der Stadt ein­her. Er gip­fel­te in den Vor­wür­fen von Ra­di­ka­li­tät und man­geln­der de­mo­kra­ti­scher Kul­tur, da die Bür­ger­initia­ti­ve den Wil­len der mut­maß­li­chen Mehr­heit nicht re­spek­tie­re. Er­mu­ti­gung zu de­mo­kra­ti­schem Han­deln in der Stadt­ge­sell­schaft sieht an­ders aus.

 
Ein star­kes Team

Für al­le Mit­glie­der der Bür­ger­initia­ti­ve »Ei­ne bes­se­re Mit­te für Fürth« war es ei­ne wich­ti­ge Er­fah­rung, wie Men­schen aus un­ter­schied­lich­sten Mi­lieus und mit ver­schie­den­sten Be­ru­fen über Jah­re hin­weg kon­ti­nu­ier­lich ge­mein­sam an ei­ner Sa­che ar­bei­te­ten, die ih­nen sehr am Her­zen lag. Je­der brach­te das ein, was sie oder er am be­sten konn­te. Die vie­len Ta­len­te er­gänz­ten sich per­fekt. Die ent­wickel­te Dis­kus­si­ons- und In­for­ma­ti­ons­kul­tur in­ner­halb der Bür­ger­initia­ti­ve half über so man­che Ent­täu­schung im Um­gang mit Po­li­tik, Ver­wal­tung und Öf­fent­lich­keit hin­weg. Und als der Elan der Be­we­gung ins Stocken zu ge­ra­ten droh­te, brach­te die Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ver­ein »Wir sind Fürth« neu­en Schwung. Auch wenn sich die Bür­ger­initia­ti­ve nun auf­löst, wer­den die ei­ne oder der an­de­re ehe­ma­li­ge Mit­strei­ter ge­wiss wie­der ins stadt­po­li­ti­sche Ge­sche­hen ein­grei­fen.

 
Was bleibt

Es bleibt die Hoff­nung, dass das bür­ger­schaft­li­che En­ga­ge­ment der Bür­ger­initia­ti­ve »Ei­ne bes­se­re Mit­te für Fürth« nicht nur in der Öf­fent­lich­keit, son­dern auch in Po­li­tik und Ver­wal­tung das Be­wusst­sein da­für ge­schärft hat, dass Stadt­ent­wick­lung ak­tiv be­trie­ben wer­den muss. Nur auf In­ve­sto­ren zu war­ten, ist zu we­nig. Der Stadt­spit­ze und ih­rer Bür­ger­schaft ist mehr Selbst­ver­trau­en zu wün­schen. Denn nur wer um sei­ne Stär­ken weiß, kann ge­win­nen.

Es bleibt fer­ner die Hoff­nung, dass al­le Ver­ant­wort­li­chen in der Stadt­spit­ze aus der Ge­schich­te der Bür­ger­initia­ti­ve das Ver­trau­en schöp­fen, auch in Zu­kunft Bür­ge­rin­nen und Bür­ger ein­zu­be­zie­hen, wenn we­sent­li­che Wei­chen­stel­lun­gen für die Zu­kunft an­ste­hen. Die Par­tei­en blei­ben die Trä­ger der po­li­ti­schen Wil­lens­bil­dung, doch sind sie in die Kri­se ge­ra­ten. Nied­ri­ge Wahl­be­tei­li­gun­gen und rück­läu­fi­ge Mit­glie­der­ent­wick­lung be­deu­ten Alarm­si­gna­le. De­mo­kra­tie en­det nicht an den Tü­ren des Sit­zungs­saals, in dem der Stadt­rat tagt. Wir Bür­ger wün­schen uns, dass sich die Stadt­rä­te in Zu­kunft frü­her, ak­ti­ver und ge­nau­er zur Sa­che in­for­mie­ren, da­mit die Ge­fahr vor­schnel­ler Ent­schei­dun­gen, die hin­ter­her be­dau­ert wer­den, aus­ge­schlos­sen wird.

Es bleibt schluss­end­lich die Hoff­nung, dass der Wi­der­stand ge­gen den Ab­riss des Fest­saals des ehe­ma­li­gen Park-Ho­tels da­zu bei­trägt, in Zu­kunft an­de­re Denk­mä­ler vor dem Ab­riss zu ret­ten. Die Öf­fent­lich­keit ist sen­si­bi­li­siert und hat in wei­ten Tei­len be­grif­fen, dass der rei­che Denk­mal­be­stand Fürths ein Pfund dar­stellt, mit dem noch im­mer nicht aus­rei­chend ge­wu­chert wird.

Die Chro­no­lo­gie der Ak­ti­vi­tä­ten der Bür­ger­initia­ti­ve wird auch wei­ter­hin auf der Home­page ein­seh­bar sein. Dar­über hin­aus ist ei­ne Pu­bli­ka­ti­on ge­plant, die die Ge­schich­te der Bür­ger­initia­ti­ve und die ge­sam­mel­ten Er­fah­run­gen do­ku­men­tiert.

Die Bür­ger­initia­ti­ve »Ei­ne bes­se­re Mit­te für Fürth« be­dankt sich bei al­len, die sich in den ver­gan­ge­nen Jah­ren en­ga­giert oder so­li­da­risch ge­zeigt ha­ben.

 
Fürth, den 5. Sep­tem­ber 2013

Dr. Tho­mas Heyden und Ma­nue­la Helf­rich (Spre­cher der Bür­ger­initia­ti­ve)

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2 Kommentare zu »Soll und Ha­ben«:

  1. GünniS sagt:

    Sei‘s drum ich ha­be mitt­ler­wei­le mei­nen Frie­den mit dem Fest­saal ge­macht in­dem ich mir im­mer wie­der ein­re­de, dass der Saal mit ei­nem Au­to ver­gleich­bar ist, wel­ches fünf­zig oder mehr Jah­re un­ter ei­ner Pla­ne ab­ge­deckt rum­ge­stan­den hat: zwar noch weit­ge­hend kom­plett und in der al­ten Form vor­han­den, aber halt auch fra­gil und un­brauch­bar. Woll­te man es in­stand set­zen und ein­satz­be­reit ma­chen, stün­de ei­ne To­tal­re­vi­si­on an und für die braucht es Kön­nen, Geld, Aus­dau­er und ei­ne ge­hö­ri­ge Por­ti­on Mut. Dies al­les war wohl bei der Für­ther Ent­schei­dung nicht vor­han­den und dann pas­siert eben das wie wir es jetzt se­hen: man schnei­det die Front ab und stellt sie als De­ko in die Ecke.

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