1 Baudenkmal, 2 Stunden, 1000 Besucher
17. Dezember 2012 | von Thomas Heyden | Kategorie: HäuserkampfOffener Brief der Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth«, verfaßt im Rückblick auf den von der Stadt Fürth veranstalteten »Tag der offenen Tür« im Park-Hotel am 15.12.2012
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Thomas Jung,
wir freuen uns, Ihnen von einem gelungenen Tag der offenen Tür im Park-Hotel berichten zu dürfen. Entgegen Ihrer Befürchtung, dass die Veranstaltung nur auf wenig Interesse stoßen könnte (»Bislang haben nur zwei Personen bei uns im Rathaus den Wunsch geäußert, den Saal einmal zu sehen.«), kamen innerhalb von nur zwei Stunden knapp 1.000 Interessierte.
Das Kalkül der Stadt, das Vorführen eines heruntergekommenen Baus mache seinen Abriss schmackhaft, ist nur teilweise aufgegangen. Die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth« hat viel Rückhalt gefunden für ihre Forderung, den Festsaal samt seiner Fassade an der Moststraße zu erhalten. In zahlreichen Einzelgesprächen und Diskussionen äußerten Fürther Bürgerinnen und Bürger ihr Unverständnis über den drohenden Verlust eines weiteren Baudenkmals. Die Nachricht, dass an der Fichtenstraße das ebenfalls denkmalgeschützte Gärhaus von 1896 abgerissen werden soll, hat offensichtlich auch in Sachen Festsaal zu erhöhter Sensibilität geführt. Wann endlich, so fragen sich viele, hört die »Denkmalstadt« damit auf, ihren Denkmalbestand für die Interessen von Investoren zu opfern?
Noch immer ruft der Frevel an der Bauplastik Empörung hervor. Obwohl die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen längst eingestellt hat, kursieren weiterhin die Namen von Tatverdächtigen und der ausführenden Firma.
»Leidenschaftslos« sei die Stadt hinsichtlich der Festsaalfassade an der Moststraße, räumte Uwe Laule bei unserem Treffen mit MIB ein. Deshalb droht die Verstümmelung der Fassade durch eine Tiefgarageneinfahrt. Ebenso »leidenschaftslos« zeigte sich die Stadt am vergangenen Samstag. Wo waren Sie, sehr verehrter Herr Oberbürgermeister, oder Ihr Baureferent, als 1.000 Menschen Diskussionsbedarf hatten zur Zukunft des Park-Hotels? Die Bürgerinitiative und der Verein »Wir sind Fürth« taten ihr Möglichstes, um die Fragen der Bürgerinnen und Bürger zu beantworten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Stadt ihrer Pflicht zur Information nicht nachgekommen ist.
Vor diesem Hintergrund, aber auch der Tatsache, dass noch um 15 Uhr eine Menschentraube vor dem Eingang des Park-Hotels stand, möchten wir einen weiteren Tag der offenen Tür im Park-Hotel anregen – vielleicht etwas früher angekündigt und länger als nur zwei Stunden. Bitte ersparen Sie das nächste Mal Ihrer Mitarbeiterin Frau Hackbarth-Herrmann die Peinlichkeit, uns aufgrund der Präsentation eines historischen Fotos des Saales verweisen zu müssen.
Mit freundlichen GrüßenManuela Helfrich, Dr. Thomas Heyden und Peter Krauß
für die Bürgerinitiative »Eine bessere Mitte für Fürth«
Dem kann ich im Namen des Vereins Wir sind Fürth nur zustimmen: Der Tag der offenen Tür stieß auf großes Interesse und die Bereitschaft der Allermeisten zu differenzierter Auseinandersetzung mit Zustand und Zukunft des Hotels und seines Festsaals brachte viele spannende Gespräche, die Oberbürgermeister und Referenten aufgrund Abwesenheit entgangen sind.
Klar erkennbar ist ein eklatantes Informationsdefizit seitens der Stadt: Nur dank »Wir sind Fürth« und der Bürgerinitiative »Bessere Mitte« hatten die interessierten Bürgerinnen und Bürger die Chance zu erfahren, dass die orginale Festsaal-Decke nur abgehängt ist, keineswegs zerstört. Die von uns gezeigten Fotos der unverputzten Nachkriegsfassade des Hotels waren den meisten Besuchern unbekannt, viel zu viele glauben an die Legende von der völligen Kriegszerstörung. Auch das repräsentative Treppenhaus und das lichtdurchflutete, großzügige 1. OG des Hotels mit historischen Deckenstuckleisten und Flügeltüren tauchen in keiner städtischen Information auf – Honi soit qui mal y pense!
An diesem Samstag wurde für jede/n Anwesende/n offensichtlich, dass dieses Gebäude trotz der Zweckentfremdung des Festsaals zum Sperrmüll-Lager keinesfalls wie vom Stadtbaurat behauptet »wertlos« ist. Die Denkmalstadt sollte beginnen sich ihrer Verantwortung zu stellen, bevor es zu spät ist.
Die offene Antwort von OB Dr. Thomas Jung zum offenen Brief der BI »Eine bessere Mitte für Fürth«:
Das spricht für sich selbst und ich möchte deswegen nur zum letzten Absatz des Schreibens von OB Dr. Thomas Jung etwas anmerken:
Gehen wir einmal davon aus, dass mit »Gelände« ein »Gebäude« gemeint ist. Dieses Gebäude besitzt sehr wohl Denkmaleigenschaft, wovon sich jeder selbst überzeugen kann: Im (leider etwas umständlich zu bedienenden ) »BayernViewer-denkmal« sind alle Baudenkmale verzeichnet, also den BayernViewer-denkmal aufrufen, Nutzungsbedingungen akzeptieren, in der dann erscheinenden Maske folgendes eingeben: »90763«, »Fürth«, und z.B. »Schwabacher Straße 89« (ohne jeglichen Schreibfehler, sonst geht es nicht). Es erscheint die Schwabacher Straße 89 (Vergrößern notwendig!) und der dortige Teil der Brauerei. Und jedermann sieht, dass das fragliche Gebäude rot als Denkmal markiert ist.
Wenn man nun links zuerst auf »Denkmalinfo anzeigen« und dann auf das Gebäude in der Karte (bzw. auf dem Luftbild) klickt, dann erscheint ein Bild des Gebäudes und der Denkmallistentext. Der besteht in einer Beschreibung der Brauereigebäude, darunter auch das angesprochene Gebäude: »ehem. Lagerbier- und Gärkeller, dreigeschossiger Rohbacksteinbau mit Flachdach, Zwerchgiebeln und Sandsteingliederung, von Leo Gran jr., 1896, Umbau 1907 von Konrad Glenk«. Es handelt sich – ausweislich Lage, Text und Foto – um den »Hopfenspeicher« (so die Türaufschrift) mit Gär- und Bierkeller, für den die Stadt widerrechtlich eine Abrissgenehmigung ausgestellt hat.
Widerrechtlich deswegen, weil laut Denkmalschutzgesetz Art. 13, 1 der Heimatpfleger »durch die Denkmalschutzbehörden in den ihren Aufgabenbereich betreffenden Fällen rechtzeitig Gelegenheit zur Äußerung zu geben« ist. Dies ist bei der in diesem Herbst ausgestellten Abbruchgenehmigung nicht geschehen. Erst letzten Jahres hat die Regierung von Mittelfranken in einem Rundschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Beteiligung notwendig ist.
Als logische Konsequenz kann das für den Heimatpfleger nur heißen: Anzeige gegen die Stadt erstatten (auch wenns der eigene Dienstherr ist) und sofortigen Baustopp erwirken! Oder zurücktreten...
@GünniS: Laut FürthWiki-Artikel bestellt die Stadt Fürth einen ehrenamtlichen Stadtheimatpfleger. Damit wird sie nach meinem verwaltungsrechtlichen Verständnis aber nicht zu dessen Dienstherr(i)n. Ergos besteht auch kein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, wie es z.B. bei regulären Beamten und Bediensteten der Stadtverwaltung der Fall wäre. Man möge mich korrigieren, wenn ich irregehe, mein diesbezügliches Ausbildungswissen ist schon mehrere Jahrzehnte abgehangen...
@ Ralph Stenzel: nun, wenn dem so ist, dürfte die erforderliche Strafanzeige doch noch leichter fallen, oder?
Das mußt Du den Stadtheimatpfleger fragen, der ist der Übergangene in dieser traurigen Schmierenkomödie...
Strafanzeige wäre wohl nur wegen Baugefährdung möglich und chancenlos, da eine (wenn auch fehlerhafte) Abrissgenehmigung vorliegt. Andere Möglichkeiten (z.B. Beschwerden bei übergeordneten Behörden wg. der fehlerhaften Abrissgenehmigung und eines vermutlich formal fehlerhaften Bebauungsplanes) prüfe ich derzeit bzw. entsprechende Anfragen sind am Laufen.
Pressespiegel: »Das Parkhotel im Dezember« (Gesichter der Stadt)
Medien PRAXIS e.V. hat eine Reihe von Statements und Interviews von den an der Diskussion beteiligten Parteien sowie die Projektvorstellungen des Investors MIB ins Netz gestellt, so daß sich interessierte BürgerInnen ihre eigene Meinung bilden können.
Pressespiegel: »Geschundene Pracht« (FN)
Pressespiegel: »Fürther Park-Hotel: Bürgerbegehren wurde gestartet« (FN)
Pressespiegel: »Bürgerbegehren sorgt für brisante Stimmung« (FN)
Pressespiegel: »Stadt prüft das Bürgerbegehren« (FN)
Pressespiegel: »Stadt hält das Bürgerbegehren für unzulässig« (FN)
Pressespiegel: »Freude bei Pro Neue Mitte« (FN)
An dieser Stelle wird die Diskussion nunmehr geschlossen und unter einem neuen Artikel zum gleichen Thema weitergeführt.