Be­kennt­nis­se zur SpVgg

11. November 2012 | von | Kategorie: Sport

Ich könn­te es kurz ma­chen: Fuß­ball in­ter­es­siert mich nicht die Boh­ne. Punkt. Und das En­de? Ver­mut­lich wür­den die Schlag­zei­len in et­wa so lau­ten: Nach sei­nem skan­da­lö­sen Ou­ting wur­de Fürths Stadt­hei­mat­pfle­ger noch vor ei­nem ge­wis­sen Be­woh­ner der Gu­stav­stra­ße ge­teert und ge­fe­dert, da­nach auf ei­ner U‑Bahn Schie­ne über die Stadt­gren­ze in die öst­li­che Nach­bar­ge­mein­de ge­tra­gen, der Rei­se­pass für Fürth ein­ge­zo­gen, Vi­sa-Er­tei­lung un­ter Vor­be­halt ge­stellt etc. etc.

Aber ich kann doch ei­ni­ges zu mei­ner Ver­tei­di­gung vor­brin­gen. Wenn­gleich ich auf­grund mei­nes Des­in­ter­es­ses für Fuß­ball si­cher­lich un­glaub­wür­dig wir­ke: Selbst­ver­ständ­lich bin ich ein Fan der SpVgg. Der Weg da­zu, den woll­te ich schon im­mer in ei­ner mei­ner vie­len schlaf­lo­sen Näch­te (»Den­ke ich an die Neue Mit­te bei der Nacht, so bin ich um den Schlaf ge­bracht«) nie­der­schrei­ben und die ist jetzt ge­kom­men.

9. November 1997: Der SpVgg Fürth Fan Jennifer Beyer - selbstverständlich gebürtige Fürtherin - wenige Monate nach dem Aufstieg aus der Regionalliga Süd mit einer 2. Bundesliga Karte für die Fan-Nordkurve (Spiel gegen Eintracht Frankfurt, heute der zweite Aufsteiger in die Erste Bundesliga - Ergebnis: 2:1 für Fürth). Die Sandsteinwand im Hintergrund gehört zum Anwesen Gustavstraße 61, wo am 23. September 1903 die SpVgg gegründet wurde. (Foto: Alexander Mayer)

9. No­vem­ber 1997: Der SpVgg Fürth Fan Jen­ni­fer Bey­er – selbst­ver­ständ­lich ge­bür­ti­ge Für­the­rin – we­ni­ge Mo­na­te nach dem Auf­stieg aus der Re­gio­nal­li­ga Süd mit ei­ner 2. Bun­des­li­ga Kar­te für die Fan-Nord­kur­ve (Spiel ge­gen Ein­tracht Frank­furt, heu­te der zwei­te Auf­stei­ger in die Er­ste Bun­des­li­ga – Er­geb­nis: 2:1 für Fürth). Die Sand­stein­wand im Hin­ter­grund ge­hört zum An­we­sen Gu­stav­stra­ße 61, wo am 23. Sep­tem­ber 1903 die SpVgg ge­grün­det wur­de. (Fo­to: Alex­an­der May­er)

Doch zu­nächst kommt es noch schlim­mer. Mein Va­ter stammt aus Frank­furt, zu­nächst war er ver­mut­lich ein Ein­tracht-Fan. Als er 1951 von Grun­dig nach Fürth ge­holt wur­de, da wur­de er Fan vom ... nein, wie sag­te Mi­ni­ster­prä­si­dent Phil­ipp Schei­de­mann, als er den Ver­sailler Ver­tag un­ter­schrei­ben soll­te: Die Hand mö­ge ver­dor­ren, die den Na­men die­ses Ver­eins nie­der­schreibt.

Er­ste Kon­tak­te in den 70ern

So kam es, dass mir SpVgg-Fans spät, erst­mals in den 70er Jah­ren, am Har­den­berg auf­fie­len und das vor al­lem durch ih­re hän­gen­den Schul­tern, mon­tags wa­ren sie in al­ler Re­gel äu­ßert schlecht ge­launt. Die gro­ßen Zei­ten der Spiel­ver­ei­ni­gung wa­ren sei­ner­zeit vor­erst vor­bei, die deut­schen Mei­ster­schaf­ten von 1914, 1926 und 1929 lan­ge her. Den Ein­stieg in die 1963 neu ge­schaf­fe­ne Bun­des­li­ga hat­te die SpVgg nicht ge­schafft, es kam ei­ne leid­vol­le Zeit für die Fans.

Im­mer­hin er­in­ne­re ich mich an die gro­ße Auf­re­gung vom 21. Ja­nu­ar 1973: Im 209. Der­by stürm­ten Nürn­ber­ger Glubb-Fans das Spiel­feld und zün­de­ten Ra­ke­ten. Als ei­ne Ra­ke­te ne­ben dem Schieds­rich­ter ein­schlug, kam es zum Spiel­ab­bruch und zu­nächst zu ei­nem skan­da­lö­sen Punkt­ab­zug trotz des Spiel­stan­des von 4:2 zu un­se­ren Gun­sten, die Be­grün­dung lau­te­te: Die SpVgg ha­be in ih­rem Sta­di­on die Ord­nung nicht auf­recht er­hal­ten kön­nen. Die Glubb-Fans zo­gen un­ter hä­mi­schen Schlacht­ge­sän­gen ab. Ein da­mals Gleich­alt­ri­ger war im Ge­gen­satz zu mir da­bei, er er­in­nert sich sehr leb­haft an den Vor­fall und schrieb es im SpVgg-Fo­rum nie­der: »Ich war mit mei­nem On­kel, ei­nem Glubb-Fan, das er­ste Mal beim Fuß­ball. Er woll­te mir den tol­len Ost­ver­ein zei­gen. Seit die­sem Tag weiß ich, wo ich hin­ge­hö­re und ge­he in den Ron­hof. Das sind jetzt 39 Jah­re.« Die Spruch­kam­mer des Süd­deut­schen Fuß­ball-Ver­ban­des (SFV) er­kann­te dem Ost­ver­ein dann bei­de Punk­te aus sport­li­chen Ge­sichts­punk­ten ab, da die Zwi­schen­fäl­le ein­deu­tig von Ost­ver­ein-Fans aus­gin­gen. Ei­ne Be­ru­fung des Ost­ver­eins wur­de im April vom SFV ab­ge­wie­sen, ei­ne gro­ße Ge­nug­tu­ung für al­le Für­ther.

Jubelnde Fans im grünen Rauch während der Aufstiegsfeier vor dem Rathaus, endlich kann das »Un« aus »Die Unaufsteigbaren« gestrichen werden. (Foto: Alexander Mayer)

Ju­beln­de Fans im grü­nen Rauch wäh­rend der Auf­stiegs­fei­er vor dem Rat­haus, end­lich kann das »Un« aus »Die Un­auf­steig­ba­ren« ge­stri­chen wer­den. (Fo­to: Alex­an­der May­er)

Das än­der­te je­doch nichts an den Miss­erfol­gen und am 16. Sep­tem­ber 1978, nach 5 Nie­der­la­gen in Fol­ge, mach­ten ent­täusch­te Klee­blatt Fans ih­ren Är­ger über den der­zei­ti­gen Lei­stungs­stand der SpVgg Luft: Mit­ten auf dem Spiel­feld im Ron­hof ho­ben sie ei­ne Gru­be aus, füll­ten sie mit Kar­tof­feln und stell­ten ein Trans­pa­rent dar­über, die Auf­schrift ver­kün­de­te: »Nach 18 Jah­ren Stüm­pe­rei for­dern wir: Lie­ber gu­te Kar­tof­feln, statt schlech­ten Fuß­ball.«- Der Wunsch nach gu­ten Kar­tof­feln konn­te in den mei­sten Fol­ge­jah­ren er­füllt wer­den... aber be­züg­lich des Fuß­balls wol­len wir hier vor al­lem über die 80er Jah­re das barm­her­zi­ge Tuch des Schwei­gens aus­brei­ten.

In den 70ern hat­te ich ei­nen gu­ten Freund, der in er­ster Li­nie da­durch auf­fiel, dass er ein mar­xi­stisch-le­ni­ni­sti­sches Le­xi­kon aus­wen­dig lern­te, wäh­rend die an­de­ren Klas­sen­ka­me­ra­den Mäd­chen hin­ter­her­lie­fen oder son­sti­gen ein­schlä­gi­gen Ver­gnü­gun­gen nach­gin­gen – ein­zi­ge Aus­nah­me: die­ser Freund spiel­te Fuß­ball und war SpVgg-Fan – ein durch­aus ernst­haf­ter Mensch, sehr be­le­sen und en­ga­giert, heu­te pro­mo­vier­ter Fach­mann für Ent­wick­lungs­po­li­tik mit vie­len Ver­öf­fent­li­chun­gen. Ei­nen Kul­tur­schock be­son­de­re Art be­rei­te­te er mir, als er mich ei­nes Ta­ges frag­te: »Kennst Du den Schlacht­ruf der Spiel­ver­ei­ni­gung Fürth?« Schon al­lei­ne ob der Fra­ge leicht ir­ri­tiert ant­wor­te ich, dass ich den selbst­ver­ständ­lich nicht ken­ne. Dar­auf sag­te er mir in al­lem Ernst: »Un­ser Schlacht­ruf heißt: Dsching-Dschang-Dschung, Spiel­ver­ei­ni­gung«. – Un­ter mir tat sich ein Ab­grund auf – in ei­ne für mich völ­lig un­ver­ständ­li­che Welt.

Ent­deckung im Stadt­ar­chiv

Der ei­gent­li­che An­fang kam für mich im Jah­re 1996, na­tür­lich nicht auf dem Sport­platz, den ich Zeit mei­nes Le­bens kon­se­quent mied. Es wür­de wohl nie­mand dar­auf kom­men, wo ich mei­nen ganz per­sön­li­chen Weg zur SpVgg fand: im Stadt­ar­chiv. Ich saß da­mals über die in schö­ner Kur­rent-Hand­schrift ver­fass­te Stadt­chro­nik von Paul Rieß. Und dort stieß ich auf die span­nen­de Schlag­lich­ter auf die Zeit vor der er­sten Mei­ster­schaft, oder bes­ser ge­sagt die Wahr­neh­mung die­ser Vor­ge­schich­te durch den Stadt­chro­ni­sten. Las­sen wir Paul Rieß zu Wort kom­men.

Die Meisterelf von Pfingsten 1914 in Magdeburg. Karl Franz - vorne rechts sitzend neben Torwart Polenski - fällt nur drei Monate später »den Heldentod fürs Vaterland« (Foto: Archiv Alexander Mayer)

Die Mei­ster­elf von Pfing­sten 1914 in Mag­de­burg. Karl Franz – vor­ne rechts sit­zend ne­ben Tor­wart Po­len­ski – fällt nur drei Mo­na­te spä­ter »den Hel­den­tod fürs Va­ter­land«
(Fo­to: Ar­chiv Alex­an­der May­er)

Kurz nach­dem Rieß die Stadt­chro­nik über­nom­men hat­te, am 17. April 1911, spiel­te die SpVgg vor et­wa 5.000 Zu­schau­ern ge­gen Cir­cle Athlethi­que de Pa­ris (Er­geb­nis: 9:1). An­ge­le­gent­li­cher Kom­men­tar von Chro­nist Rieß: »Dem Fuß­ball­sport wird in hie­si­ger Stadt stark ge­hul­digt. Es fin­den je­den Sonn­tag Spie­le statt, wel­che trotz der ziem­lich ho­hen Ein­tritts­prei­se (Tri­bü­ne Sitz­platz 1,50 Mark, Tri­bü­ne Steh­platz 1,- Mark, 1. Platz 80 Pfen­nig, 2. Platz 60 Pfen­nig, Kin­der 30 Pfen­nig) stark be­sucht wer­den. Zur Zeit sind 13 Ver­ei­ne in Fürth, wel­che die­sen Sport be­trei­ben: An er­ster Stel­le steht die Spiel­ver­ei­ni­gung mit 800 Mit­glie­dern ... Die Spiel­ver­ei­ni­gung hat ei­nen Trai­ner aus Eng­land en­ga­giert, ge­gen ei­ne Ga­ge von 280 Mark mo­nat­lich.« Am 25. Fe­bru­ar 1912 schlug die SpVgg im End­spiel um die Ost­kreis­mann­schaft in Mün­chen vor cir­ca 4.000 Zu­schau­ern die Fuß­ball-Ab­tei­lung »Wacker« des Sport­klubs Mo­na­ch­ia mit 8:0 To­ren. Die Sie­ger fuh­ren so­fort nach Be­en­di­gung des Spiels mit dem D‑Zug nach Fürth, wo sie abends von ei­ner nach (Zi­tat Paul Rieß) »tau­sen­den zäh­len­den Volks­men­ge mit un­ge­heu­rem Ju­bel emp­fan­gen und von rund 200 Fackel­trä­gern in das Ver­eins­lo­kal der Spiel­ver­ei­ni­gung, Re­stau­ra­ti­on Lang­mann, Fried­rich­stra­ße, ge­lei­tet (wur­den). Die Spiel­füh­rer Bur­ger so­wie Sei­del, wel­che mit rie­si­gen Lor­beer­krän­zen um­han­gen wa­ren, wur­den auf den Schul­tern ge­tra­gen.«

Am 29. Mai 1912 schrieb Rieß fol­gen­des nie­der: »Bei dem heu­te auf dem Sport­plat­ze der Spiel­ver­ei­ni­gung Fürth statt­ge­fun­de­nen Spie­le: Spiel­ver­ei­ni­gung ge­gen Wool­wich Ar­se­nal blie­ben wie nicht an­ders zu er­war­ten war, die eng­li­schen Be­rufs-Fuß­ball­spie­ler mit 6:0 Sie­ger«. Das Mut­ter­land des Fuß­balls ließ da­mals noch stan­des­ge­mäß grü­ßen. Am 4. Sep­tem­ber 1912 heißt es in der schö­nen Hand­schrift von Rieß: »Der größ­te Fuß­ball­ver­ein Deutsch­lands ist die Spiel­ver­ei­ni­gung Fürth, wel­che über 1.500 Mit­glie­der zählt.« Ge­hen wir zwei Jah­re wei­ter. So fin­det sich für den 29. März 1914 der Ein­trag: »Das End­spiel um die süd­deut­sche Fuß­ball­mei­ster­schaft wur­de heu­te auf dem Sport­plat­ze der Spiel­ver­ei­ni­gung (Ron­ho­fer­stra­sse) un­ter un­ge­heu­rer Be­tei­li­gung (cir­ca 10.000 Per­so­nen) zwi­schen Spiel­ver­ei­ni­gung Fürth u. Ver­ein für Ra­sen­spie­le Mann­heim aus­ge­tra­gen. Re­sul­tat 4:1. Den Sie­gern wur­den mäch­ti­ge Lor­beer­krän­ze über­reicht u. un­ter un­ge­heu­ren Ju­bel wur­de die wacke­re Mann­schaft von ei­ner viel tau­send­köp­fi­gen Men­ge be­gei­ster­ter An­hän­ger un­ter Vor­an­tritt ei­ner Mu­sik­ka­pel­le in ihr Stamm­lo­kal Lang­mann be­glei­tet. Ueber 80 Te­le­gram­me u. Glück­wunsch­schrei­ben aus dem In- und Aus­land tra­fen ein... Fürth kann stolz sein auf die wacke­re ‘Spiel­ver­ei­ni­gung’, die da­zu bei­trägt, den Na­men un­se­rer Va­ter­stadt im­mer wei­ter u. wei­ter zu ver­brei­ten. Hipp, Hipp, Hur­ra dem Süd­deut­schen Mei­ster.« Ähn­li­ches ist für den 15. März 1914 ver­merkt, dem End­spiel um die süd­deut­sche Fuß­ball-Mei­ster­schaft in Stutt­gart: SpVgg-Stutt­gar­ter Kickers 4:3. Als die Sie­ger ge­gen 24 Uhr am Bahn­hof ein­tra­fen, wer­den sie von ei­ner »viel­tau­send­köp­fi­gen« Men­ge mit gro­ßem Ju­bel emp­fan­gen.

Er­ste Mei­ster­schaft

Jugendliche Fans vor dem 215. Derby am 20. September 1975. Dieses Derby verloren wir zwar, aber es war ein schönes Derby ohne Krawalle und Büchsenwürfe, Raketen und auch ohne gravierende Schiedsrichterfehlleistungen. (Foto: Klaus Kriesch)

Ju­gend­li­che Fans vor dem 215. Der­by am 20. Sep­tem­ber 1975. Die­ses Der­by ver­lo­ren wir zwar, aber es war ein schö­nes Der­by oh­ne Kra­wal­le und Büch­sen­wür­fe, Ra­ke­ten und auch oh­ne gra­vie­ren­de Schieds­rich­ter­fehl­lei­stun­gen.
(Fo­to: Klaus Kriesch)

Am 31. Mai 1914 kam es zum denk­wür­di­gen End­spiel um die deut­sche Mei­ster­schaft in Mag­de­burg: SpVgg – Ver­ein für Be­we­gungs­spie­le (VfB) Leip­zig nach Ver­län­ge­rung 3:2. Da­mit konn­te die SpVgg drei Mei­ster­schaf­ten auf sich ver­ei­nen: Ostkreis‑, Süd­deut­sche- und die Deut­sche Mei­ster­schaft. Und so kam es zum lan­ge Zeit le­gen­dä­ren Pfingst­mon­tag 1914 (1. Ju­ni): Lan­ge vor der An­kunft der SpVgg sind am Bahn­hofs­platz, in der Max‑, Fried­richs- und Wein­stra­ße [heu­te R.-Breitscheid-Str.] »solch un­ge­heu­re Men­schen­mas­sen an­ge­sam­melt, daß der Stra­ßen­bahn­be­trieb ein­ge­stellt wer­den muß­te«. Der Au­to­kor­so – an­ge­führt von ei­ner Ka­pel­le – gleicht ei­nem Tri­umph­zug, die Au­to­mo­bi­le kom­men nur im Schnecken­tem­po vor­wärts und brau­chen vom Bahn­hof zum Geismanns­saal mehr als ei­ne Stun­de. Nach die­se An­kunfts­fei­er gab es am 25. Ju­ni 1914 noch ei­nen Eh­ren­abend der SpVgg für die sieg­rei­che Elf, am sel­ben Tag war die po­li­ti­sche Groß­wet­ter­la­ge schon stark ver­dü­stert, Paul Rieß ver­merk­te just am Tag des SpVgg Eh­ren­abends: »Der Ab­bruch der di­plo­ma­ti­schen Be­zie­hun­gen zwi­schen Oester­reich und Ser­bi­en ver­setz­te die hie­si­ge Be­völ­ke­rung in star­ke Auf­re­gung. Die De­peschen­ta­feln der Zei­tun­gen wa­ren fort­ge­setzt be­la­gert. Ex­tra-Blät­ter er­schei­nen. Man denkt all­ge­mein, daß ein Welt­krieg zum Aus­bruch kommt«. – So kam es dann auch und schon im Sep­tem­ber fiel der er­ste Spie­ler der Mei­ster­elf im Welt­krieg.

Mi­ke Büskens und der Ever­est

Und wie er­lebt der an Fuß­ball des­in­ter­es­sier­te Für­ther fast 100 Jah­re spä­ter den Auf­stieg? Nun, Trai­ner Mi­ke Büskens hat mir die er­sehn­te Vor­la­ge ge­ge­ben, so dass ich trotz völ­li­ger In­kom­pe­tenz in Sa­chen Fuß­ball auch mit­re­den kann, be­müh­te er doch mehr­fach das Bild ei­ner Mount-Ever­est-Be­stei­gung. So heißt es et­wa im Auf­stiegs-In­ter­view der Bild Zei­tung zur Fra­ge »Wie schwie­rig war der Auf­stieg?«: »Wir ha­ben der Mann­schaft im­mer wie­der ge­sagt, es gilt den Mount Ever­est zu be­zwin­gen. Wir ha­ben den Jungs die Ba­sis-Camps ge­zeigt. Jetzt ha­ben wir den Gip­fel er­reicht.« Spä­ter hieß es dann nach dem er­sten Sieg in Mainz, in der Li­ga zu blei­ben »ist wie den Mount Ever­est zu be­stei­gen – bis zur Spit­ze ist es noch ein wei­ter Weg«. Auch nach dem er­sten Punkt in Mainz hieß es dann als Schlag­zei­le in der Lo­kal­zei­tung: »Fürths erst Schrit­te in Rich­tung Gip­fel des Mount Ever­est«.

Fürth-Fahne auf 5300 Meter, dahinter unter anderem der Mount Everest hinter dem im Bild dominierenden Nuptse (auch noch 7879 Meter hoch). (Foto: Gerhard Textor)

Fürth-Fah­ne auf 5300 Me­ter, da­hin­ter un­ter an­de­rem der Mount Ever­est hin­ter dem im Bild do­mi­nie­ren­den Nupt­se (auch noch 7879 Me­ter hoch). (Fo­to: Ger­hard Textor)

Es wird zwar nicht ganz klar, ob die Ever­est-Be­stei­gung nun der Auf­stieg in die 1. Li­ga war, der Klas­sen­er­halt sein soll oder viel­leicht (mit­tel­fri­stig, ver­steht sich) die Mei­ster­schaft wie 1914 (aber bit­te dann oh­ne dar­auf­fol­gen­den Welt­krieg). Egal, den Ball neh­me ich auf: Auf dem Mount Ever­est war ich frei­lich nicht, aber ziem­lich na­he und auf der Hö­he des Ba­sis­la­gers. Und so kann ich dank Mi­ke Büskens doch mit­re­den. Zu­nächst ein­mal be­haup­te ich jetzt ein­fach mal, dass mei­ner Ein­schät­zung nach gut 3/4 al­ler Mit­men­schen nicht bis zum Ba­sis­la­ger kom­men, vom Gip­fel ganz zu schwei­gen. Da gibt es ei­ni­ge Grün­de, vor al­lem ist – die SpVgg hö­re – die Hö­hen­an­pas­sung ein Pro­blem. Und die ist nicht un­be­dingt ab­hän­gig von der Kon­di­ti­on auf Mee­res­hö­he (oder durch­schnitt­lich 300 Me­ter dar­über wie hier in Fürth). Der er­ste Be­zwin­ger des Ever­est, Ed­mund Hil­la­ry, küm­mer­te sich spä­ter recht em­sig um die dor­ti­ge Re­gi­on und er hat auf dem Weg zum Ever­est in der Ort­schaft Kun­de ei­ne klei­ne Kli­nik ge­grün­det. Dort wird je­dem »Trek­ker« ein­ge­bläut: Vom Flug­platz Luk­la (wo heu­te die mei­sten Trek­ker los­ge­hen) bis zur letz­ten dau­er­haft be­wohn­ten Ort­schaft Go­rak Shep (acht Ki­lo­me­ter vor dem Ever­est) sollst du Dir neun Ta­ge Zeit neh­men, auch wenn Du es theo­re­tisch schnel­ler schaffst und die mei­sten Trek­king-Grup­pen deut­lich schnel­ler hoch­lau­fen. Das ha­be ich lei­der auch ge­macht und ab 5.000 Me­ter Hö­he ging es mir dann gar nicht mehr so gut. Ich will jetzt nicht im­mer da­zu­schrei­ben, was ich jetzt und im Fol­gen­den da­mit zur Si­tua­ti­on der SpVgg in der 1. Bun­des­li­ga sa­gen will, ich den­ke, das kann sich je­der selbst zu­sam­men­rei­men.

Hö­hen­an­pas­sung ist ge­fragt

Mike Büskens bei der Aufstiegsfeier auf dem Rathausbalkon, hier zusammen mit Gerald Asamoah. Trainer Büskens  will zum Mount Everest, da kann der Autor ein paar Tipps geben... (Foto: Alexander Mayer)

Mi­ke Büskens bei der Auf­stiegs­fei­er auf dem Rat­haus­bal­kon, hier zu­sam­men mit Ge­rald Asa­mo­ah. Trai­ner Büskens will zum Mount Ever­est, da kann der Au­tor ein paar Tipps ge­ben...
(Fo­to: Alex­an­der May­er)

Kom­men wir zu­rück zum Aus­gangs­punkt der Rei­se, dem Flug­platz Luk­la auf 2860 Me­ter Hö­he. Um hin­auf­zu­kom­men, muss man mit­un­ter ei­ni­ge Ta­ge im In­lands­flug­ha­fen der ne­pa­le­si­schen Haupt­stadt Kath­man­du ver­brin­gen, bis man – mit­un­ter ein­ge­klemmt zwi­schen Stul­len es­sen­den Pi­lo­ten – hin­auf­kommt. Es sind klei­ne Flug­zeu­ge, die dort oben lan­den, es pas­sen 12 Pas­sa­gie­re hin­ein, ei­ne Mann­schaft mit Trai­ner. Als ich 2008 im Hi­ma­la­ya war, flog ei­ne sol­che Ma­schi­ne in den Wol­ken an und das et­was zu tief, knall­te ge­gen die Fels­wand un­ter dem Roll­feld, 12 To­te, al­les Deut­sche und Öster­rei­cher, zu­meist Paa­re. Seit­dem gilt bei mir: Flug nur bei kla­rer Sicht. Luk­la ist neun Ta­ges­mär­sche und fast 3000 Hö­hen­me­ter vom Ba­sis­la­ger ent­fernt. Nun gibt es ein paar Su­per­schlaue, die las­sen sich gleich viel hö­her flie­gen, auf 3720 Me­ter gibt es noch ei­ne Pi­ste, di­rekt da­ne­ben so­gar ei­nes der we­ni­gen gu­ten Ho­tels da oben (die Re­gel sind an­son­sten Bret­ter­ver­schlä­ge). Vom Flug­feld dort sind es gut 10 Trep­pen­stu­fen zum Ho­tel­ein­gang. Nur: Man­che, die un­ver­mit­telt auf 3720 Me­ter flie­gen, kom­men die­se zehn Stu­fen dann nicht mehr hoch!

Aber auch für die­je­ni­gen, die von Luk­la hoch­lau­fen, gilt: Wer das zu schnell macht, der liegt dann nachts in sei­nem Schlaf­sack und kann nicht schla­fen, weil er zu er­sticken meint. Und wer ein­sam oh­ne Luft im Schlaf­sack liegt, der be­kommt auch Pro­ble­me mit der Psy­che, da läuft dann das Kopf­ki­no und das ist nicht er­ho­lend, das drückt sich durch auf den Tag. Die gran­dio­se Land­schaft, die­se un­glaub­li­chen Hö­hen und Wei­ten kön­nen das dann auch nicht im­mer kom­pen­sie­ren. Und wenn es dann je­man­den mit der Hö­hen­krank­heit ganz hart trifft, bei dem hilft nur noch der Hub­schrau­ber und run­ter so schnell wie mög­lich. Will das die SpVgg?

Al­so, lie­be Mann­schaft, lie­ber Trai­ner: Ge­las­sen­heit, erst mal Hö­hen­an­pas­sung, die über­wäl­ti­gen­de Aus­sicht ge­nie­ßen und bei er­folg­ter Hö­hen­an­pas­sung den Auf­stieg bis ganz an die Spit­ze – wenn es so­weit ist, kommt es von selbst wie da­mals im Mai … und ge­ra­de als ich die­se Zei­len schrei­be, hö­re ich im Ra­dio: 1:1 ge­gen Ein­tracht Frank­furt und der Mo­de­ra­tor meint hier­zu: »Die Art zu spie­len, lässt bei der SpVgg in Zu­kunft auf mehr hof­fen« – na al­so.

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