»Ein­kau­fen im Denk­mal ist mög­lich« – Der Er­halt des Park-Ho­tels als Er­folgs­fak­tor für die Neue Mit­te

30. Januar 2013 | von | Kategorie: Häuserkampf

Im Rin­gen um den Ein­kaufs­schwer­punkt »Neue Mit­te« be­müht sich die Stadt Fürth, ei­nen ima­gi­nä­ren Wi­der­spruch zwi­schen Denk­mal­schutz und Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten zu skiz­zie­ren. Un­ter dem Mot­to »bei­des geht nicht«, geht die Stadt­spit­ze in Ab­wehr­hal­tung ge­gen ein Bür­ger­be­geh­ren des Ver­eins »Wir sind Fürth« und ver­sucht ihr jah­re­lan­ges Un­ver­mö­gen zu ka­schie­ren, im Pla­nungs­pro­zess ak­tiv die In­ter­es­sen an städ­te­bau­li­cher Qua­li­tät durch­zu­set­zen. Da­bei wä­re das Park-Ho­tel re­prä­sen­ta­ti­ver Eck­pfei­ler für ei­nen ganz be­son­de­ren Ein­kaufs­schwer­punkt, des­sen mit­tel- und lang­fri­sti­ge Er­folgs­aus­sich­ten mit die­sem ein­zig­ar­ti­gen Ge­sicht deut­lich stei­gen wür­den.

Visualisierung des Vereins »Wir sind Fürth e. V.«: Die »Neue Mitte« mit historischer Fassade des Park-Hotels

Vi­sua­li­sie­rung des Ver­eins »Wir sind Fürth e. V.«:
Die »Neue Mit­te« mit hi­sto­ri­scher Fas­sa­de des Park-Ho­tels

Im Pla­nungs­pro­zess zur Neu­en Mit­te hat es die Stadt Fürth ver­säumt, in zu­frie­den­stel­len­dem Ma­ße die In­ter­es­sen am Denk­mal­schutz und an ei­nem hoch­wer­ti­gen Stadt­bild zu ver­tre­ten und da­mit ih­re Pflicht zu ganz­heit­li­cher Bau­leit­pla­nung und dem Schutz ei­nes Gu­tes von Ver­fas­sungs­rang ver­letzt. Um von die­sen gra­vie­ren­den Ver­säum­nis­sen ab­zu­len­ken, be­müht Ober­bür­ger­mei­ster Dr. Tho­mas Jung trot­zig das Mot­to »Bei­des wird nicht ge­hen: Ent­we­der wir ha­ben hier Denk­mal­schutz oder at­trak­ti­ve Ein­kaufs­mög­lich­kei­ten«. Aber stimmt das wirk­lich?

Denk­mal­schutz, al­so der Schutz ei­nes Ob­jekts von hi­sto­ri­schem Wert, ist kein Selbst­zweck, wenn sich die­ses Ob­jekt vor­treff­lich zur Auf­wer­tung der ge­plan­ten Nut­zung des Are­als eig­net. Und das Park-Ho­tel eig­net sich mit sei­ner hoch­wer­ti­gen, schon dem Ma­te­ri­al nach heu­te un­be­zahl­ba­ren, Sand­stein­fas­sa­de, den lich­ten, gro­ßen Rund­bo­gen­fen­stern, dem vor­neh­men grün­der­zeit­li­chen Trep­pen­haus und dem re­prä­sen­ta­ti­ven Fest­saal her­vor­ra­gend, um ei­nem Ort des Kon­sums die As­so­zia­ti­on von Wer­tig­keit, Lu­xus und Ge­ho­be­nem zu ver­lei­hen. Der grün­der­zeit­li­che Chic könn­te den Ein­kaufs­schwer­punkt ein biss­chen Rich­tung Lon­do­ner Har­rods he­ben, wäh­rend die vom In­ve­stor fa­vo­ri­sier­te Er­satz­ar­chi­tek­tur die gan­ze Für­ther In­nen­stadt ein gro­ßes Stück Rich­tung Aus­tausch­bar­keit her­un­ter­zieht. Kurz: Nur das re­prä­sen­ta­ti­ve Park-Ho­tel macht die Neue Mit­te zum ein­zig­ar­ti­gen Kon­sum­tem­pel, des­sen Be­such auch dann lohnt, wenn er et­was klei­ner aus­fällt als die Kon­kur­renz der Nach­bar­städ­te.

Das historische Treppenhaus im Park-Hotel (Foto: J. Danko)

Das hi­sto­ri­sche Trep­pen­haus im Park-Ho­tel (Fo­to: J. Danko)

Der re­al­po­li­ti­sche Um­gang der Stadt mit die­sen Fra­gen sieht grau aus: Wie sach­ge­recht kann ei­ne Ab­wä­gung zwi­schen Denk­mal­schutz und wirt­schaft­li­cher Nut­zung aus­fal­len, wenn der Denk­mal­schutz von An­fang an zu 100 % bei­sei­te ge­scho­ben wur­de? Wenn nie be­dacht wur­de, dass die Wer­tig­keit des Denk­mals der wirt­schaft­li­chen Nut­zung zu­träg­lich sein könn­te? Wie auf­rich­tig ist Bür­ger­be­tei­li­gung, wenn man der Be­völ­ke­rung In­for­ma­tio­nen über die Qua­li­tä­ten der Sand­stein­fas­sa­de, des Trep­pen­hau­ses und die Sa­nie­rungs­fä­hig­keit des Fest­saals vor­ent­hält, die Lü­ge vom »wert­lo­sen Ge­bäu­de« zur Stadt­pro­pa­gan­da er­hebt?

Denk­mal­schutz ist in die­sem Fall wie all­zu oft eben nicht nur Fra­ge der Lie­be zur Stadt­ge­schich­te und des gu­ten Ge­schmacks. Die Neue Mit­te braucht das Bau­denk­mal als Al­lein­stel­lungs­merk­mal und auch volks­wirt­schaft­li­che wie öko­lo­gi­sche Vor­tei­le, die der Er­halt mit sich bringt, sei­en hier der Voll­stän­dig­keit hal­ber an­ge­führt: Je­der kann sich selbst über­schla­gen, wie sinn­los es ist vie­le Tau­send Eu­ro in die Be­sei­ti­gung ei­nes voll­stän­dig amor­ti­sier­ten Ge­bäu­des zu stecken um ei­nen Er­satz­bau her­zu­stel­len, des­sen Halb­werts­zeit wohl höch­stens ein Zehn­tel des Alt­baus be­trägt. Und die gro­ße Bau­stel­le wird ih­re Um­ge­bung weit­aus we­ni­ger be­ein­träch­ti­gen, wenn das Park-Ho­tel Fried­rich­stra­ße und Für­ther Frei­heit vor Lärm und Dreck ab­schirmt.

Sanierungsfähige Pracht: Die Decke des Festsaals im Dezember 2012 (Foto: J. Danko)

Sa­nie­rungs­fä­hi­ge Pracht: Die Decke des Fest­saals
im De­zem­ber 2012 (Fo­to: J. Danko)

Im­mer wie­der ver­su­chen Stadt und In­ve­stor den schwar­zen Pe­ter an die Miet­in­ter­es­sen­ten wei­ter­zu­schie­ben und be­haup­ten, den gro­ßen, bö­sen Ket­ten sei die Ge­stal­tung egal, da kä­me es ein­zig auf har­te Fak­ten wie Flä­chen, Hö­hen etc. an. Ei­ner­seits ist das Park-Ho­tel mit sei­nem herr­schaft­li­chem Grund­riss da­zu im Stan­de, die­se An­sprü­che an Hö­he und Wei­te voll und ganz zu er­fül­len, an­de­rer­seits ist die­se Be­trach­tung ex­trem kurz­sich­tig: Es mag sein, dass die Miet­in­ter­es­sen­ten auf so et­was nicht aus­rei­chend ach­ten, doch im Ge­gen­satz zu uns als be­trof­fe­ner Stadt­be­völ­ke­rung sind die­se Mie­ter auch ganz schnell wie­der weg, wenn kein mit­tel- und lang­fri­sti­ger Er­folg statt­fin­det. Die­sen Er­folg kann ge­ho­be­ne Auf­ent­halts- und Bild­qua­li­tät mas­siv be­gün­sti­gen. Es ist al­so an un­se­rer Stadt, den In­ve­stor hier auf Rah­men­be­din­gun­gen für lang­fri­sti­gen Er­folg zu ver­pflich­ten.

Unter dem Putz der 1950er Jahre verbirgt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit die sanierungsfähige Sandsteinfassade: Die Stadt verweigert eine Sondierung - und damit den Beweis (Foto: J. Danko)

Un­ter dem Putz der 1950er Jah­re ver­birgt sich mit ho­her Wahr­schein­lich­keit die sa­nie­rungs­fä­hi­ge Sand­stein­fas­sa­de: Die Stadt ver­wei­gert ei­ne Son­die­rung – und da­mit den Be­weis
(Fo­to: J. Danko)

Kreuz und quer in Eu­ro­pa wer­den hi­sto­ri­sche Fas­sa­den er­hal­ten, be­reits ver­lo­re­ne re­kon­stru­iert oder nie da ge­we­se­ne phan­ta­siert, um mo­der­ne Han­dels­nut­zung mit ei­nem Ge­fühl von Ein­zig­ar­tig­keit zu ver­edeln. Wie­so al­so weh­ren sich die Ver­ant­wort­li­chen hier in Fürth so ge­gen die­se Auf­wer­tung? Nun, ei­ner­seits er­for­dert es ei­ne ge­sun­de Por­ti­on mensch­li­cher Grö­ße zu­zu­ge­ben, dass man et­was hät­te bes­ser ma­chen kön­nen. An­de­rer­seits er­for­dert es kurz­fri­stig ein biss­chen mehr Denk­lei­stung so­li­de Pla­nung mit Ob­jekt­be­zug zu ent­wer­fen, statt mit Co­py-and-Pa­ste der CAD-Soft­ware die Flä­che x mit dem 08/15-Ra­ster aus­zu­fül­len, das noch von Leip­zig, Würz­burg, Ber­lin oder Lang­was­ser im Zwi­schen­spei­cher ist. Aber es lohnt sich.

Ziem­lich egal wie man zum Park-Ho­tel steht, es wi­der­spricht den In­ter­es­sen der Stadt Fürth an ih­rem Ein­zel­han­del und ih­rer Be­völ­ke­rung, wenn die Stadt­spit­ze dem In­ve­stor jetzt ei­ne gol­de­ne Brücke zum Aus­stieg her­bei re­det, wo gar kei­ne ist. Denn wenn sich ein In­ve­stor, der vom Er­folg des ei­ge­nen wirt­schaft­li­chen Kon­zepts über­zeugt ist, ein­zig we­gen ei­ner fi­nan­zier­ba­ren bau­li­chen Ver­än­de­rung / Auf­wer­tung zu­rück­zieht, die nur ei­nen Bruch­teil der Ge­samt­flä­che be­trifft, wä­re das schon ein sehr durch­schau­ba­rer Tar­num­hang für an­de­re Feh­ler. Ein­kau­fen im Denk­mal ist mög­lich, und als Al­lein­stel­lungs­merk­mal ge­gen­über be­stehen­der Kon­kur­renz im Me­tro­pol­raum un­be­dingt er­for­der­lich.

Der Au­tor ist 1. Vor­sit­zen­der des Ver­eins »Wir sind Fürth e. V.«, der un­ter dem Ti­tel »Ein­kau­fen in der Denk­mal­stadt« Un­ter­schrif­ten für ei­nen Bür­ger­ent­scheid über die Ein­be­zie­hung des Park-Ho­tels in den neu­en Ein­kaufs­schwer­punkt sam­melt. Mehr In­for­ma­tio­nen un­ter www.wir-sind-fuerth.de/buergerbegehren.

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5 Kommentare zu »»Ein­kau­fen im Denk­mal ist mög­lich« – Der Er­halt des Park-Ho­tels als Er­folgs­fak­tor für die Neue Mit­te«:

  1. Peter Kunz sagt:

    Die Denk­mal­stadt, die nicht denkt, wu­chert nicht mit dem was sie hat, näm­lich Denk­mä­lern, son­dern ver­sucht Tot­schlag­ar­gu­men­te zu kon­stru­ie­ren, die ih­ren tech­no­kra­ti­schen Irr­weg stüt­zen.

    In 20, 30 Jah­ren wer­den die Leu­te dar­über ge­nau­so den Kopf schüt­teln, wie wir heu­te über die Stadt­pla­ner der 70er und 80er. Und Tho­mas Jung wird in die Ge­schich­te ein­ge­hen, als der Bür­ger­mei­ster, der das Park­ho­tel ab­ge­ris­sen hat.

  2. Doc Bendit sagt:

    Sehr pas­send fin­de ich auch das The­ma des dies­jäh­ri­gen Tag des of­fe­nen Denk­mals: »Jen­seits des Gu­ten und Schö­nen: Un­be­que­me Denk­ma­le?«

    Evtl. könn­te man den Fest­saal ja da­für öff­nen, der ist den hie­si­gen Ent­schei­dungs­trä­gern doch auch mehr als un­be­quem.

  3. Rampensau sagt:

    Da wer­den 800.000EUR von der Stadt locker ge­macht um die Sit­ze im Thea­ter zu re­stau­rie­ren, nur da­mit die fein raus­ge­fres­se­nen Da­men und Her­ren ih­ren no­blen Bil­dungs­bür­ger­arsch auf ori­gi­nal­ge­treu­en Stüh­len plat­zie­ren kön­nen und für Denk­mä­ler von de­nen wirk­lich die All­ge­mein­heit (nicht nur die obe­ren Zehn­tau­send) et­was hät­te ist kei­ne mü­de Mark üb­rig... trau­rig

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