Ka­ba­le und Kul­tur­kür­zun­gen

10. September 2010 | von | Kategorie: Kultur

Noch be­vor sich der Re­no­vie­rungs­ge­ruch ver­flüch­tigt hat, wird beim neu­en Stadt­mu­se­um be­reits der Rot­stift an­ge­setzt. Die Öff­nungs­zei­ten, die bis­her le­dig­lich äu­ßerst un­über­sicht­lich wa­ren, wer­den nun zwar flur­be­rei­nigt, aber ge­kürzt. Mon­tag und Frei­tag bleibt das Mu­se­um jetzt ge­schlos­sen.

Eingang zum Stadtmuseum (Foto: Peter Kunz)

Ein­gang zum Stadt­mu­se­um (Fo­to: Pe­ter Kunz)

Die Für­ther Nach­rich­ten ha­ben ei­ne nicht ganz un­wich­ti­ge Mei­nungs­trä­ge­rin, näm­lich die frü­he­re Stadt­hei­mat­pfle­ge­rin Bar­ba­ra Ohm, zur Teil­schlie­ßung be­fragt. Was die Gran­de Da­me der Für­ther Lo­kal­ge­schich­te im In­ter­view zum Be­sten gab, ist mei­ner un­we­sent­li­chen Mei­nung nach nicht nur sehr ent­täu­schend, son­dern auch ein ganz schö­ner Stuss.

An­statt als be­kann­te und hoch­ver­dien­te Hi­sto­ri­ke­rin dem Mu­se­um den Rücken zu stär­ken, zeigt Bar­ba­ra Ohm bei­na­he un­ein­ge­schränk­tes Ver­ständ­nis da­für, dass dem Stadt­mu­se­um Geld und ei­ne Stel­le ge­stri­chen wer­den. Sie ar­gu­men­tiert, die Kür­zun­gen sei­en not­wen­dig, weil sonst die »Viel­falt der Für­ther Kul­tur« be­droht sei. Nun kann man Fürth we­gen mir ger­ne durch die ro­sa Bril­le se­hen, aber für ei­ne Stadt un­se­rer Grö­ße von ei­nem »sehr viel­fäl­ti­gem Kul­tur­be­trieb« zu spre­chen, wie Ohm, ist schon sehr ver­mes­sen. Vor al­lem, was die Mu­se­ums­land­schaft an­geht. Wenn man ganz ehr­lich wä­re, müss­te man wohl eher zu­ge­ben, dass sich Fürth kul­tu­rell vor al­lem da­durch aus­zeich­net, zwi­schen Nürn­berg und Er­lan­gen zu lie­gen. Und die sind ziem­lich pro­vin­zi­ell.

Das al­lein wä­re bit­ter ge­nug, aber dass die Ex-Hei­mat­pfle­ge­rin dann nach­schiebt, sie wun­de­re sich, dass es kei­ne Ab­stri­che beim Jü­di­schen Mu­se­um gibt, und sie die­se be­grü­ßen wür­de, schlägt dem Fass völ­lig den Bo­den aus: »Es wür­de zu­min­dest zei­gen, dass die Stadt al­le Mu­se­en ge­recht be­han­delt.« Fin­det sie.

Die we­ni­gen Mu­se­en un­se­rer Stadt ge­gen­ein­an­der aus­zu­spie­len und dann auch noch zu be­haup­ten, sonst gin­ge es nicht »ge­recht« zu, ist an Ab­sur­di­tät wohl kaum zu über­bie­ten. Das ist un­ge­fähr so an­ge­mes­sen, als wür­de Frau Ohm for­dern, man sol­le we­gen der knap­pen Kas­sen in Fürth das Fem­bo­haus schlie­ßen, der Ge­rech­tig­keit hal­ber.

Dass die Hi­sto­ri­ke­rin den Power-Spa­rern im Rat­haus nach dem Mund re­det und sich zur mo­ra­li­schen Er­fül­lungs­ge­hil­fin der Stadt und ih­rer schlau­en Schwei­zer Un­ter­neh­mens­be­ra­ter macht, ist selt­sam. Denn letzt­lich ist das nichts an­de­res als ei­ne Auf­for­de­rung an die Po­li­tik, noch mehr zu kür­zen, da­mit al­le den Scha­den ha­ben. Das wä­re dann wahr­lich ge­recht. War­um sie dann auch noch aus­ge­rech­net auf das Jü­di­sche Mu­se­um schie­ßen muss, dem mit Ver­laub ein­zi­gen Mu­se­um in Fürth, das ein nen­nens­wer­tes über­re­gio­na­les, ja in­ter­na­tio­na­les Pre­sti­ge be­sitzt, bleibt mir ein Rät­sel.

Der fut­ter­nei­di­sche Kom­men­tar ist aber vor al­lem des­halb Blöd­sinn, weil das Jü­di­sche Mu­se­um Fran­ken, wie Frau Ohm ei­gent­lich wis­sen soll­te, im Ge­gen­satz zum Stadt­mu­se­um eben kein städ­ti­sches Haus ist, son­dern von ei­nem Trä­ger­ver­ein be­trie­ben wird, dem un­ter an­de­rem auch die Stadt Fürth an­ge­hört. Und im Geld schwimmt man im JüMu trotz (oder we­gen?) des ge­plan­ten An­baus ja auch nicht ge­ra­de.

Hier wer­den al­so Äp­fel mit Bir­nen ver­gli­chen. Wä­re hier fair ar­gu­men­tiert wor­den, dann hät­te man auf das Städ­ti­sche Rund­funk­mu­se­um und die Städ­ti­sche Ga­le­rie ver­wei­sen kön­nen, de­ren Öff­nungs­zei­ten sich wohl eben­falls nicht än­dern wer­den. Hat man aber nicht. Ne­ben­bei wur­de so­mit, si­cher­lich un­be­ab­sich­tigt, al­so auch noch das bit­ter­bö­se Kli­schee be­dient, dass mal wie­der ei­ne Ex­tra­wurst für die Ju­den ge­bra­ten wird. Das ist über­flüs­sig, un­ver­ständ­lich und hin­ter­lässt ei­nen fau­len Nach­ge­schmack. Eben­so ist scha­de, dass die FN, die es gleich­falls bes­ser wis­sen soll­te, so ein Gschmar­ri kom­men­tar­los über­nimmt. Die­se un­schö­nen Ge­plän­kel soll­ten aber nicht da­von ab­len­ken, dass Fürth ein le­ben­di­ges Stadt­mu­se­um nicht nur ver­dient hat, son­dern drin­gend braucht.

Wo Bar­ba­ra Ohm näm­lich Recht hat, ist wenn sie sagt, dass es nicht in er­ster Li­nie um die Öff­nungs­zei­ten geht: »Ir­gend­wel­che Öff­nungs­zei­ten nüt­zen ja we­nig, so­lan­ge man nicht die Men­schen für das Mu­se­um in­ter­es­siert und sich im­mer wie­der et­was Neu­es ein­fal­len lässt, um das Haus im Ge­spräch zu hal­ten. Da­her ist es wich­tig, dass man sich um zu­sätz­li­ches Geld be­müht, um Son­der­aus­stel­lun­gen or­ga­ni­sie­ren zu kön­nen.«

Ein Mu­se­um, das For­schungs­stät­te ist und nicht nur ei­ne hei­mat­kund­li­che Aus­stel­lung mit Ku­rio­si­tä­ten­ka­bi­nett, ist ein wich­ti­ger Schritt, da­mit die­se Stadt ih­re Ein­zig­ar­tig­keit be­greift, sie kri­tisch durch­dringt und ein ei­ge­nes, nach­hal­ti­ges Pro­fil ent­wickelt.

Was pas­siert statt des­sen? Man stellt ein Pre­sti­ge­ob­jekt in gu­ter La­ge mit 1000 Qua­drat­me­tern hin, er­öff­net es mit viel Tra­ra, und glaubt nun of­fen­bar, dass man da­mit Kul­tur ge­schaf­fen hat. Dass man dort nun als er­stes den Rot­stift an­setzt, zeugt von hi­sto­ri­scher und po­li­ti­scher Kurz­sich­tig­keit. Und die scheint ty­pisch für Fürth, das sich lie­ber al­le paar Jah­re ein neu­es lä­cher­li­ches und prä­ten­tiö­ses La­bel an­hef­tet (Denk­mal­stadt, So­lar­stadt, Wis­sen­schafts­stadt – was kommt als näch­stes?), als mit Be­stän­dig­keit et­was Ei­ge­nes auf der Grund­la­ge un­se­rer au­ßer­ge­wöhn­li­chen Ge­schich­te zu ent­wickeln.

Ei­ne span­nen­de Mu­se­en­land­schaft mit ei­nem Stadt­mu­se­um, auf das nicht nur die Nürn­ber­ger nei­disch sind und des­sen Son­der­aus­stel­lun­gen über­re­gio­nal für Auf­se­hen sor­gen, wür­de das Pro­fil von Fürth je­den­falls nach­hal­ti­ger schär­fen, als ei­ne wei­te­re aus­tausch­ba­re Shop­ping-Mall in der In­nen­stadt. Im Ver­gleich zu sol­chen Mil­lio­nen­grä­bern ist das biss­chen Kul­tur lä­cher­lich preis­wert. Nur ei­ne en­ga­gier­te Lob­by bräuch­te man da­für.

Das In­ter­view der FN fin­den Sie hier.

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2 Kommentare zu »Ka­ba­le und Kul­tur­kür­zun­gen«:

  1. Peter sagt:

    Ich find’s ja lu­stig, dass dies ei­ner der meist­ge­le­se­nen, aber we­nigst­kom­men­tier­ten (näm­lich gar nicht) Ar­ti­kel auf der FF ist… Näch­stes mal schreib ich halt wie­der über Fuß­ball, das scheint die Ge­mü­ter mehr zu er­re­gen ;)

  2. Tja, so ist das halt. Der ei­nen Hälf­te ist die Kul­tur schnup­pe und die an­de­re Hälf­te mag sich in der Öf­fent­lich­keit nicht po­si­tio­nie­ren...

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